Vor zwei Wochen feierten wir den Eidgenössischen Dank-, Buss– und Bettag. Dazu sprach kürzlich „swiss-cath.ch“ mit Mitte-Politiker und dem Stadtpräsidenten von Winterthur Michael Künzle über Demokratie und den christlichen Glauben.

Im September begeht die Schweiz den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag. Dieser hat eine lange Geschichte und wird seit der Gründung des schweizerischen Bundesstaates 1848 nicht nur religiös, sondern auch staatspolitisch begründet. Ist ein solcher Tag heute noch aktuell?

Dieser Tag ist für unser Land sehr wichtig und hochaktuell. Er erinnert uns daran, dass über uns Menschen eine noch grössere Kraft wirkt, dass wir wieder mehr Bescheidenheit üben und dankbar sein müssen für das, was wir haben und was wir sind. Es geht uns sehr gut.

Die Schweiz steht insgesamt gut da, hat aber auch vermehrt mit Problemen zu kämpfen wie Rentenfinanzierung, Wohnungsnot, Migration oder wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Druck von aussen (Stichworte: EU oder Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte). Wo sehen Sie aktuell den grössten Handlungsbedarf?

Es gab zu jederzeit Herausforderungen für unser Land. Die Regierungen, Parlamente und Verwaltungen müssen jeweils nach Lösungen suchen, Massnahmen festsetzen und umsetzen.

Aktuell belastet die Gemeinwesen das Thema Wachstum. Die Bildungskosten explodieren. Flüchtlinge müssen untergebracht werden, die Menschen werden – mit allen Konsequenzen – immer älter. Wir Städte und Gemeinden müssen immer grössere Lasten tragen. Da braucht es faire Kostenschlüssel zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen.

Demokratie, wie wir sie in der Schweiz haben, wäre ohne den christlichen Glauben nicht möglich gewesen. Die Kirchen wie der christliche Glaube insgesamt verlieren markant an Einfluss und Gestaltungskraft. Was bedeutet dies für die zukünftige Entwicklung unseres Landes, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt?

Auch die Kirche stand immer wieder vor Herausforderungen. Meiner Meinung nach ist entscheidend, dass die Priester wieder Vorbilder sind und sich dessen bewusst sind. Missbrauch hat zu vielen Kirchenaustritten geführt und das Vertrauen in die Kirche beschädigt. Dieses Vertrauen muss wieder aufgebaut werden. Und ja, das braucht viel Kraft und Geduld. Ich bin überzeugt, dass die Kirchen in der Zukunft wieder mehr Mitglieder haben werden.

Unsere Gesellschaft verändert sich. Der Zusammenhalt kommt nicht von alleine, wir müssen täglich darum kämpfen. So tun wir beispielsweise gut daran, unseren Kindern wieder mehr Zeit zu schenken und für sinnvolle Beschäftigung zu sorgen. Denn sie sind unsere Zukunft.

Sie waren einer derjenigen, die gegen die Streichung des C aus dem Parteinamen CVP waren. Warum war (und ist) Ihnen das C persönlich wichtig?

Für mich war die CVP eine Parteimarke. Die ändert man nicht einfach so. Und das C bedeutet mir sehr viel. Ich versuche, dieses C jeden Tag zu leben. Das gelingt nicht immer gleich gut. Ich bin aber auch Demokrat: Die Mehrheit der Parteimitglieder hat die Namensänderung unterstützt. Dann ist es so. Für mich ist das heute kein Thema mehr.

Wie verbringen Sie den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag?

Ich werde mit meiner Familie am Morgen einen Gottesdienst besuchen. Beabsichtigt habe ich auch einen Besuch einer Ausstellung. Ansonsten werde ich den Sonntag zu Hause im Kreise meiner Familie geniessen.

Quelle: www.swiss-cath.ch