Eine am 29. September 2020 vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) publizierte Studie zu den volkswirtschaftlichen Kosten von Sucht im Jahr 2017 gibt eine neue Einschätzung zu den Folgekosten des Suchtmittelkonsums. Je nach Methode belaufen sich die Kosten auf 7.7 oder 11.5 Milliarden Franken pro Jahr. Es ist erstaunlich, dass gegen derartige Lasten immer noch so wenige Massnahmen ergriffen werden. Dabei ist längst nachgewiesen, dass jeder in die Prävention investierte Franken zig-fache Einsparungen ermöglicht.
Laut dem vom BAG vorgelegten Bericht verursacht Sucht im Jahr 2017 hierzulande volkswirtschaftliche Kosten in der Höhe von rund 7.7 Mrd. CHF. Bisherige Kostenberechnungen orientierten sich am Humankapitalansatz. Dieser betrachtet jeden durch Krankheit resp. Tod nicht gearbeiteten Tag bis zu einer allfälligen Pensionierung als Verlust an Potential für die Volkswirtschaft. Anders die nun angewandte Friktionsperiode: Es ist dies die Zeitspanne, bis eine erkrankte oder verstorbene Person durch einen bisher arbeitslosen Arbeitnehmer ersetzt werden kann. Wird für die Berechnung der Produktivitätsverluste der Humankapitalansatz anstatt des Friktionskostenansatzes verwendet, liegen die Gesamtkosten für Sucht mit 11.5 Mrd. CHF weit höher.
Auf die Bevölkerung bezogen verursacht dies jährliche Kosten von 901 CHF pro Kopf. Davon entfallen 335 CHF auf Alkohol, 457 CHF auf Tabak und 109 CHF auf Drogen. Bei einem Humankapitalansatz wären die Gesamtkosten pro Kopf entsprechend höher, beim Alkohol überproportional.
Dabei darf das menschliche, durch Suchtmittelprobleme verursachte Leid für Betroffene und ihre Angehörigen nicht vergessen gehen. Eine Dimension, die sich schwer in Zahlen ausdrücken lässt.
Massnahmen ergreifen, um alle zu entlasten!
Die Privatisierung der Gewinne aus dem Verkauf von psychoaktiven Substanzen bei gleichzeitiger Externalisierung suchtbedingter Kosten kann nicht im Interesse der Allgemeinheit sein. Die Rechnung bezahlen die Konsumierenden und deren Angehörigen ebenso wie die Volkswirtschaft als Ganzes. Nur eine Prävention, welche sowohl die individuelle Verantwortung als auch jene der gesamten Gesellschaft einschliesst, vermag Suchtprobleme nachhaltig zu vermindern. Diese sind mitnichten Privatsache. Wenn Güter mit Suchtpotenzial legal angeboten werden, braucht es eine Regulierung, um gefährdete Personen zu schützen, vorab Kinder und Jugendliche. Entsprechende Massnahmen müssen die Attraktivität und den Zugang zu den Produkten einschränken. Dazu gehören zum Beispiel:
• ein generelles Werbeverbot für Tabak: Junge Menschen begegnen in ihrem Alltag noch immer sechsmal mehr Werbeanreizen fürs Rauchen als Präventionsbotschaften
• ein national verankertes, gesetzliches Abgabealter von 18 Jahren für sämtliche Tabakprodukte
• Einschränkungen des Marketings für Alkohol (Stichworte Sponsoring und Werbung im Internet)
• Ein Mindestpreis gegen Billigalkohol sowie
• Ein Nachtverkaufsverbot für Alkoholika (das Spitaleinlieferungen stark vermindert)
Wenn die Last der Suchterkrankungen vermindert werden soll, sind solche Massnahmen unumgänglich. Zudem ist es höchste Zeit, mehr Mittel in die Suchtprävention zu investieren. Denn eine Studie der Universität Neuenburg hat nachgewiesen, dass für jeden Franken, der in die Alkoholprävention investiert wird, Schäden im Betrag von 23 Franken eingespart werden. Beim Tabak beträgt die Ersparnis gar 41 Franken.
Quelle: Medienmitteilung Sucht Schweiz, 29. September 2020