Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht in der steigenden Zahl der Muslime in Deutschland immer noch eine Chance. Die Bereitschaft des CDU-Politikers, seine Islam-Kenntnisse zu erweitern, scheint allerdings sehr begrenzt.
Schäuble sagte am 24. Mai 2017 im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, Christen und auch alle anderen Menschen in der Bundesrepublik könnten von Muslmen lernen. Man müsse bereit sein, nicht nur das Eigene für richtig zu halten. Im Islam würden viele menschliche Werte wie Gastfreundschaft und Toleranz sehr stark verwirklicht. Schäuble betonte, es sei ein Missverständnis von Religion, wenn sie in Fanatismus und Gewalt abgleite. Die Weltreligionen predigten alle die Botschaft, dass man den anderen als Schwester oder Bruder nehmen soll.
Schäubles Einschätzung des Islam ist ebenso typisch für Europas Spitzenpolitiker, wie sie am Wesen des Islam vorbei zielt. Natürlich gibt es in Deutschland viele Muslime, die Toleranz leben und sich darum gut integrieren. Von diesem Verhalten auf das Wesen des Islam zu schliessen, ist allerdings äusserst fragwürdig. Das gleich gilt für die Behauptung, die Weltreligionen stünden alle für die gleichen Werte.
Beim Islam handelt es sich „um etwas anderes als das, was wir nach westlichen Massstäben unter Religion verstehen“, sagt hingegen der Philosoph und Theologe Martin Rhonheimer, der sich eingehend mit den Quellen des Islam beschäftigt hat. „Der Islam ist nicht nur Religion, er umfasst ein politisch-religiöses Sozial-, Rechts- und Herrschaftssystem. Das islamische Menschenbild geht auf die Vorstellung zurück, dass Allah die Menschheit als Muslime geschaffen hat, dass alle Nichtmuslime deshalb eigentlich Abtrünnige sind. Folglich kann es im Islam auch keine Unterscheidung zwischen Schöpfungsordnung und Heilsordnung geben. Ebenso wenig ist eine Unterscheidung zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt möglich, wie es auch kein Naturrecht geben kann, das für alle Menschen, auch die ‚Ungläubigen‘, unterschiedslos moralischer Massstab ist. Und damit können auf islamischer Grundlage auch keine allgemeinen Menschenrechte anerkannt werden. Nur die Scharia kann hier als wahres Recht anerkannt werden.“
Rhonheimers Einschätzung des Islam ist nicht nur von theoretischer Bedeutung. Was er sagt, ist in Deutschland und überall in Europa ebenso gelebte Realität, wie die gut integrierten Muslime, die Schäuble für die einzig authentischen Muslime hält.