Rund zwei von hundert Neugeborenen in Europa kommen auf Grund des Alkoholkonsums ihrer Mutter während der Schwangerschaft mit Beeinträchtigungen zur Welt. Deshalb ruft die Stiftung Sucht Schweiz dazu auf, es schwangeren Frauen zu erleichtern, möglichst auf den Alkoholkonsum zu verzichten. Denn hier sei die Gesellschaft gefordert.

Neue Auswertungen von Sucht Schweiz im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit zeigen, dass rund 6 Prozent der schwangeren oder stillenden Frauen in der Schweiz mindestens einmal pro Monat zu viel Alkohol bei einer Gelegenheit (vier Standardgläser oder mehr) trinken. Auch wenn nicht eindeutig belegt ist, ab welcher Alkoholmenge die Entwicklung des Kindes beeinträchtigt werden kann, so können die Schäden für Neugeborene beträchtlich sein: Verlässliche Zahlen fehlen zwar für die Schweiz, aber es wird geschätzt, dass in Europa rund 2 Prozent der Neugeborenen von FASD betroffen sind und knapp 0,4 Prozent gar mit dem FAS-Syndrom zur Welt kommen. Das neue Factsheet des Bundesamtes für Gesundheit zu diesen Themen ist jetzt verfügbar.

Alkoholbedingte Beeinträchtigungen

Alle Beeinträchtigungen aufgrund des Alkoholkonsums werden unter dem Kürzel „FASD“ (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) zusammengefasst. In vielen Fällen manifestiert sich FASD in Merk- und Lernschwierigkeiten, Sprechstörungen, Hyperaktivität und Impulsivität. Beim schwerwiegenderen FAS (Fetales Alkoholsyndrom) sind speziell Wachstumsverzögerungen, körperliche Auffälligkeiten, insbesondere am Kopf und im Gesicht sowie Dysfunktionen des zentralen Nervensystems mit entsprechenden Folgeschäden zu beobachten. Letzteres kann auch verzögerte geistige Entwicklung und verminderte Intelligenz bedeuten.

Empfehlungen

Expertin Rachel Stauffer Babel erklärt: „Alkohol gelangt über die Plazenta direkt ins Blut des Kindes. Anders gesagt: Das Kind trinkt mit“. Sie rät deshalb schwangeren und stillenden Frauen:

– Gemäss den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist es am sichersten, während der Schwangerschaft keinen Alkohol zu trinken.
– Die Mehrheit der Frauen verzichtet deshalb während der Schwangerschaft auf Alkohol, aber einigen fällt dies schwer. Falls Sie sich in dieser Situation befinden, vermeiden Sie es auf jeden Fall, grössere Mengen Alkohol bei einer Gelegenheit zu trinken.
– Falls dies trotzdem einmal passiert ist oder falls Sie Alkohol getrunken haben, ohne zu wissen, dass Sie schwanger sind, beunruhigen Sie sich nicht. Sie können Ihre Fragen einem Arzt/einer Ärztin oder einer Gesundheitsfachperson stellen.
– Zögern Sie nicht, sich bei Fragen zum eigenen Alkoholkonsum vom Gynäkologen oder von Suchtfachleuten beraten lassen.
– Der während der Stillzeit getrunkene Alkohol gelangt auch in die Muttermilch und ist dort in gleicher Konzentration vorhanden wie im Blut. So empfiehlt sich auch während der Stillzeit eine Zurückhaltung beim Alkoholkonsum: Am besten kein Alkohol, aber wenn Sie gelegentlich ein Glas Alkohol trinken möchten, tun Sie dies am besten gleich nach dem Stillen, damit Alkohol nachher abgebaut werden kann.
– Beim Konsum von einem Standardgetränk Alkohol bis zum nächsten Stillen mindestens zwei Stunden warten.

Sucht Schweiz ruft die Gesellschaft dazu auf, schwangere Frauen in ihrer Verantwortung nicht alleine zu lassen: Auch deren Partner und die Gesellschaft sind gefordert, den Verzicht auf Alkohol zu unterstützen und schwangere Frauen nicht zum Mittrinken zu verleiten. Dies hat Einfluss darauf, ob und wie viel Alkohol während der Schwangerschaft konsumiert wird. Gleichzeitig ruft Sucht Schweiz die Gesellschaft dazu auf von FAS oder FASD betroffene Personen nicht allein zu lassen und spezialisierte Infrastrukturen aufzubauen. Zum Thema Alkohol in der Schwangerschaft hält Sucht Schweiz umfassende Informationen für verschiedene Zielgruppen bereit:

Als Ratgeber für Frauen und ihre Partner: Infobroschüre „Schwangerschaft und Alkohol/Tabak: gut zu wissen“
Für die Fachleute rund um die Schwangerschaft: Sucht Schweiz hat in Zusammenarbeit mit Ärztevereinigungen die Informationen auf der Website von Praxis Suchtmedizin überarbeitet und für die Verbreitung unter den Fachleuten gesorgt. Das Projekt wurde durch den Nationalen Alkoholpräventionsfonds finanziell unterstützt.

Quelle: Sucht Schweiz