„Was steckt hinter dem Geschäft mit der Mutterschaft? Was erleben Leihmütter und was geschieht mit Kindern, die in „geliehenen Bäuchen“ ausgetragen werden? Der deutsche Verein „Demo für Alle“ hat zu diesen Fragen einen Dokumentarfilm produziert und weist darin auf erschütternde Hintergründe, Fakten und die möglichen Folgen der Legalisierung von Leihmutterschaft hin.
Von Regula Lehmann
„Leihmutterschaft [1] ist die schlimmste Form der Degradierung einer Frau“, erklärt Birgit Kelle, deutsche Journalistin, Autorin und Mitwirkende im Dokumentarfilm „Geliehene Bäuche gekaufte Kinder“. „Der Bauch einer Frau wird zum Brutkasten degradiert, man missachtet die Würde der Frau und des Kindes.“
Frei gewähltes, sauberes Business?
Bis vor Kurzem war man sich im deutschsprachigen Europa einig, dass Gebärmütter kein Mietobjekt und Kinder keine Ware sind, mit der gehandelt werden darf. Weil der Schutz von Frauen und Kindern vorgeht, wird von unfruchtbaren Paaren erwartet, dass sie diese berechtigten, ethisch fundierten Grenzen respektieren.
Im Zuge der Einführung der „Ehe für Alle“ steigt jedoch nun in Deutschland, Österreich und der Schweiz der Druck, fragwürdige Fortpflanzungsmethoden zu legalisieren und dadurch „Kinder für Alle“ zu ermöglichen. Was heterosexuellen Paaren bis jetzt mit stichhaltigen Begründungen verwehrt wurde, wird von Leihmutterschaftsbefürwortern kurzerhand zur Diskriminierung erklärt. Das Geschäft mit der Mutterschaft, das in San Francisco seinen Anfang nahm, soll auch im deutschsprachigen Europa die Kassen klingeln lassen. Der Aufstand der Frauenrechtlerinnen, die seit 50 Jahren skandieren, Frauen dürften nicht als Gebärmaschinen missbraucht werden, bleibt paradoxerweise weitgehend aus.
Prof. Dr. Ulrich Kutschera, Evolutionsbiologe und Physiologe klärt im ersten Teil der Videodokumentation über Hintergründe und Entstehung des Millionengeschäftes mit der Leihmutterschaft auf. Was in westlichen Medien als frei gewähltes, sauberes Business mit fairer Entlohnung dargestellt wird, zeigt sich im sachlich gehaltenen Dokumentarfilm von seiner hässlichen Seite: Agenturen fahren im Auftrag westlicher oder asiatischer Auftraggeber in entlegene Dörfer, um Leihmütter zu rekrutieren. Frauen, die in Indien oder Thailand unter prekären Verhältnissen leben, werden von ihren Männern oder anderen Verwandten in die Leihmutterschaft gezwungen. Das dadurch generierte Geld dient der Aufbesserung des knappen Familienbudgets oder wird für die Ausbildung der Kinder eingesetzt. Susanne Kummer, Mitarbeiterin des Wiener Institutes für Medizinische Anthropologie und Bioethik, stellt dazu die Erkenntnisse einer indischen Public Health-Forscherin vor und dokumentiert das Leiden der betroffenen Frauen mit Hilfe von Filmausschnitten. „Wenn man Sie verprügeln würde, würden Sie auch Leihmutter werden“, erklärt eine indische Frau vor laufender Kamera.
Menschen mit viel Geld nutzen die Notlage armer Frauen aus und die Dekadenz scheint keine Grenzen zu kennen. Leihmütter müssen ihre Lebensgewohnheiten an die Anforderungen des auftraggebenden Paares anpassen, denn das Kind soll von Anfang an nach deren Geschmack und Lebensstil geprägt werden. Entwickelt sich die bestellte „Ware“ nicht wunschgemäss, ist die Leihmutter zur Abtreibung verpflichtet. Ein australisches Paar weigerte sich, den einen ihrer „bestellten“ Zwillinge abzuholen, weil er das Down-Syndrom hat. Ganz anders die betroffene Leihmutter, die erklärt, sie habe nie erwogen, dieses Kind zu verlassen. „Ich liebe ihn wie ein eigenes Kind“, sagt sie und drückt das von seinen reichen „Eltern“ zurückgewiesene Baby an sich.
Was tut man Frauen an, die gezwungen werden, ein Kind nach neun Monaten wieder herzugeben, und was geschieht mit diesen Kindern, denen eine traumatische Trennung von der einzigen Bezugsperson, die sie kennen, zugemutet wird? Noch nie wussten wir so viel über das, was in einer Schwangerschaft geschieht. Noch niemals war die vorgeburtliche Entwicklung so gut erforscht und dokumentiert wie heute. Pränatalforscher, Psychotherapeuten und Hirnforscher weisen darauf hin, dass das Ungeborene auf Stimmungen und Erfahrungen der Mutter sehr empfindsam reagiert und dass diese einen wesentlichen Einfluss auf seine Entwicklung haben.[2] Neugeborene ziehen nach der Geburt die vertraute Stimme der Mutter eindeutig allen anderen Stimmen vor. Einem Kind die Person wegzunehmen, mit der es so innig verbunden ist, ist schlichtweg grausam. Darf man so viel Wissen ignorieren, damit Erwachsene bekommen, was sie haben wollen? Kinder werden bei diesem Geschäft zum Subjekt, für das fünfstellige Summen bezahlt werden. Was geschieht, wenn diese Kinder dem hohen Druck nicht standhalten oder die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen?
Eigene Befindlichkeit über allem
Wo Kinder nicht mehr Geschenk des Schöpfers, sondern „eigenes Projekt“ sind, steigen die Ansprüche. Der „Homo Deus“, wie Bestsellerautor Yuval Harari den Menschen des 21. Jahrhunderts bezeichnet, setzt sich und andere unter immensen Druck. Wer Gott spielt, kann auf keine Gnade hoffen! Während Eltern behinderter Kinder früher mit dem Mitgefühl ihres Umfelds rechnen durften, müssen sie sich heute zunehmend dafür rechtfertigen, dass sie dieses Kind bekommen haben. Die Gefahr, dass ungewollt kinderlose Paare in einen Sog der Machbarkeit geraten, ist hoch, denn zahlreiche neue Methoden erlauben es, das „Erbmaterial“ zu untersuchen und eine entsprechende Auswahl zu treffen. Wunsch-Eltern stellen, von den Fortpflanzungsexperten unterstützt, ihr Wunschkind zusammen. Spermien eines anonymen Spenders aus dem Katalog, Eizellen einer anonymen Frau, deren Körper durch hohe Hormongaben zur Produktion mehrerer Eizellen forciert wurde.
„Darf man alles tun, was man tun kann?“, stellt Birgit Kelle eine Grundfrage, die in Diskussionen zunehmend unterschlagen wird. Bedauerlicherweise geht es in vielen Debatten nicht mehr um Wahrheit, sondern um Befindlichkeit und persönliche Bedürfnisse.
Leihmutterschaft wird gegenwärtig hochprofessionell und hochemotional inszeniert: In Dokus, Zeitungen und Zeitschriften werden „sauber geregelte“ Vorzeigebeispiele aus Amerika präsentiert. Es wird betont, dass die gezeigten Leihmütter diesen Auftrag gerne und freiwillig übernommen hätten und dass das Kind den Kontakt zu dieser Frau weiterhin pflegen könne. Regelmässig werden harmonische Regenbogenfamilien und stolze Vaterpaare porträtiert. Oder überglückliche Grossmütter, die mit Tränen in den Augen das durch Leihmutterschaft erworbene Kind ihres Sohnes und dessen Partners in die Arme schliessen. Wer es trotz dieser Seelenmassage noch wagt, die Frage nach dem Kindeswohl zu stellen, wird als Ewiggestriger hingestellt. Oder, weit wirksamer: Es wird ihm unterstellt, anderen ihr Glück nicht zu gönnen.
Kindliche Grundrechte werden ignoriert
Die Tatsache, dass viele Adoptivkinder den Verlust der Bindung an die leiblichen Eltern als schwere Traumatisierung erlebt haben, fliesst nur am Rande in die Diskussion um Eizellenspende und Leihmutterschaft ein. Obwohl Forschung und Erfahrung die Bedeutung der Herkunftsfamilie für eine gesunde Identitätsbildung belegen, wird diese banalisiert, sobald es um den Zugang gleichgeschlechtlicher Paare zur Fortpflanzungsmedizin geht. Das in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebene Recht des Kindes, bei seinen biologischen Eltern aufzuwachsen, wird wegargumentiert und mit Füssen getreten. Kindliche Grundrechte werden zugunsten von Ideologien kurzerhand ignoriert oder entzogen.
Während der internationale Handel mit Organen in unseren Ländern als Straftat geächtet wird, soll es legal werden, sich gegen Bezahlung ganze Kinder zu „beschaffen“. Was geschieht mit einer Gesellschaft, die sich in solch widersprüchliche und immer absurdere Argumentationen verstrickt? Die Bibel redet diesbezüglich Klartext. Gott warnt durch den Propheten Jesaja eindringlich davor, Böses gut und Gutes böse zu nennen (Jes. 5,20), und Sprüche 29,18 stellt fest, dass Völker, in denen es keine göttliche Offenbarung mehr gibt, verwildern. Eine treffendere Analyse für das, was gegenwärtig im deutschsprachigen Europa abgeht, gibt es nicht.
Die strategisch vorangetriebene Auflösung familiärer Strukturen zielt letztlich auf die Zerstörung der Identität ganzer Generationen ab. Der geistliche Kampf um die natürliche Familie tobt, weil diese von Gott eingesetzte Lebensform der Grundpfeiler einer funktionierenden Gesellschaft und Abbild der göttlichen Liebe und Gemeinschaft ist. Die „Entmütterlichung“ der menschlichen Fortpflanzung zieht Folgeschäden unermesslichen Ausmasses nach sich. „Geliehene Bäuche – gekaufte Kinder“ können und dürfen nicht unsere Zukunft sein.
Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin „ethos“: www.ethos.ch
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Anmerkungen
[1] Zum Begriff Leihmutterschaft: Eine Leihmutter (selten auch als „Surrogatmutter“ bezeichnet) ist eine Frau, die für die Dauer einer Schwangerschaft ihre Gebärmutter für eine fremde befruchtete Eizelle zur Verfügung stellt, sie „verleiht“, um anstelle einer anderen Person, der genetischen Mutter, ein Kind zur Welt zu bringen. Dies kann unentgeltlich oder gegen Bezahlung erfolgen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in den meisten anderen europäischen Ländern ist Leihmutterschaft gegenwärtig verboten.
[2] Gerald Hüther und Inge Krens (2005), Das Geheimnis der ersten neun Monate – unsere frühesten Prägungen