Islamisten gehen immer mehr in sozialen Medien auf Jagd nach neuen, jungen Anhängern. Das geht aus dem aktuellen Lagebericht „Islamismus im Netz 2018“ vom Verbund „jugendschutz.net“ hervor, den die deutsche Familienministerin Dr. Franziska Giffey am 2. April 2019 in Berlin vorstellte. Extremisten bedienen sich dafür harmlos erscheinender Schlagwörter und Hashtags. „Sie geben sich harmlos, nutzen gesellschaftliche Debatten als Einfallstor und kaschieren den extremistischen Kontext“, erklärte Giffey.

Ein Kommentar von M. Hikmat

Für den Bericht wurden 19’200 Angebote mit islamistischen Inhalten gesichtet. In 649 Beiträgen sozialer Medien wurden über 870 Verstösse gegen den Jugendschutz festgestellt. Über die Hälfte betraf die Kennzeichnung verfassungswidriger Organisationen, 20 Prozent Dschihadverherrlichung, 14 Prozent die Verletzung der Menschenwürde und sechs Prozent Gewaltdarstellungen. Fortschritte stellte man bei der Löschung und Sperrung strafbarer Inhalte fest: In 82 Prozent der Fälle wurden diese erreicht, v.a. durch direkten Kontakt mit den Providern. Schlusslicht ist der verschlüsselte Chat-Dienst „Telegram“, bei dem nur 58 Prozent der gemeldeten Fälle gelöscht oder gesperrt wurden. Eine besondere Herausforderung für die Präventionsarbeit sei die grosse Reichweite zahlreicher islamistischer Angebote. Die Familienministerin kündigte noch in diesem Jahr ein neues Jugendschutzgesetz an. Dabei sollen auch Betreiber stärker in die Pflicht genommen werden.

Die sozialen Medien sind ein wichtiges Rekrutierungsfeld für Islamisten in Europa, um Kinder und Jugendliche zu erreichen. Die Akteure docken dabei an jugendkulturelle Debatten an. Die Hälfte der Muslime weltweit sind unter 25 Jahren, Internetnutzer und dabei v.a. auch typische Freunde-Sucher, Anstupser und Gefällt-mir-Button-Klicker bei Facebook und Co. Eine besondere Herausforderung für die Präventionsarbeit ist die grosse Reichweite zahlreicher islamistischer Angebote. So hat beispielsweise der salafistische Prediger Pierre Vogel über 311‘000 Follower auf Facebook. In der Schweiz hat der islamische Zentralrat von Nicolas Blancho über 44‘000 Follower auf Facebook.

Damit sind die Rekrutierung und Mobilisierung von neuen Anhängern schneller und vielfältiger geworden. Die Umfrage „Verbreitung extremistischer Einstellungen und Verhaltensweisen unter Jugendlichen in der Schweiz“ der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Haute École de Travail Social Fribourg (HETSFR) vom November 2018 kam zu bedenklichen Ergebnissen: Über 8‘000 Jugendliche im Alter von 17 bis 18 Jahren aus zehn Kantonen wurden befragt, darunter auch 670 Muslime. Davon befürworten knapp 21 Prozent die Einführung eines Gottesstaates und der Scharia in der Schweiz. 28,8 Prozent sind feindlich gegenüber nicht-traditionellen Muslimen eingestellt und 5,9 Prozent sind für die Anwendung physischer Gewalt gegen Andersgläubige. Zudem vertreten 33,7 Prozent die Ansicht, dass nur der Islam in der Lage sei, die Probleme unserer Zeit zu lösen. Gemäss 26,1 Prozent hätten Frauen in Ländern wie der Schweiz zu viele Freiheiten. 8,7 Prozent der Befragten finden es in Ordnung, wenn Muslime mit Gewalt und Terroranschlägen für ihre Sache kämpfen.

Zu Recht hält der massgebliche Lagebericht 2018 des Nachrichtendienstes des Bundes „Sicherheit Schweiz“ Folgendes fest: „Die Terrorbedrohung in der Schweiz bleibt erhöht.“ Tun wir etwas dagegen?