Wegen wissenschaftlich begründeter Zweifel, ob potentielle Organspender fünf Minuten nach dem Herz-Kreislauf-Stillstand wirklich schon tot sind, fordert eine Petition an den Bundesrat ein Moratorium für Organspenden nach Herztod.
Bei Organspenden nach Herztod (Donation after Cardiac Death, DCD) wird in der Schweiz seit November 2017 exakt fünf Minuten nach dem Herzstillstand mit der Organentnahme begonnen. Zuvor betrug die Wartezeit zehn Minuten. Diese Halbierung war quasi stillschweigend in Kraft getreten, ohne dass der Bundesrat oder die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) vorgängig auf diese folgenschwere Änderung hingewiesen hätten. „Der irreversible Ausfall aller Hirnfunktionen nach nur fünf Minuten ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Es ist nach diesem Zeitraum schon zu erfolgreichen Reanimationen gekommen“, erklärte Christoph Keel-Altenhofer, Sekretär der Lebensrechtsorganisation Human Life International (HLI) Schweiz, damals auf Anfrage von Zukunft CH. Hinter der stillschweigenden Änderung sah Keel das vorrangige Interesse der Transplantations-Lobby an frischen Organen.
Darum hat HLI schon im Oktober 2018 mit einer wissenschaftlichen Tagung in Zürich die brisante Frage aufgeworfen, ob bei der Organentnahme nach Herz-Kreislauf-Stillstand wirklich alle Spender schon tot seien. Auch neueste, im Frühjahr 2019 publizierte Forschungsresultate nähren die Bedenken, ob die Funktionen des Hirns beim Menschen fünf Minuten nach Herzstillstand bereits irreversibel ausgefallen sind. Dies aber wäre gemäss Schweizer Transplantationsgesetz für die Feststellung des Todes und die nachfolgende Organentnahme erforderlich. In Artikel 9, Absatz 1 heisst es dort: „Der Mensch ist tot, wenn die Funktionen seines Hirns einschliesslich des Hirnstamms irreversibel ausgefallen sind.“
Die Internetseite der Vereinigung „Ärzte und Pflegefachpersonen gegen Organspende am Lebensende“ (ÄPOL) – www.aepol.net – informiert ausführlich und detailliert über das Vorgehen bei der Organentnahme nach Herz-Kreislauf-Stillstand, die nicht mit der Organentnahme nach klassischem Hirntod infolge einer primären Hirnschädigung zu verwechseln ist. Die hier betroffenen Personen sind nämlich nicht hirntot. „Bei dieser selteneren Art der Organspende werden schwerkranke Menschen mit aussichtsloser Prognose in den Operationssaal gebracht, wo, auf Wunsch auch im Beisein der Angehörigen, die lebenserhaltenden Massnahmen gestoppt werden und gewartet wird, bis das Herz aufhört zu schlagen. Das Hirn wird in der Folge nicht mehr durchblutet und stirbt ab. Nach dem Herzstillstand werden die Angehörigen aus dem Raum gebeten und exakt fünf Minuten später das Hirnversagen festgestellt und der Spender für tot erklärt. Danach wird er wieder intubiert, beatmet und mit der Organentnahme begonnen. Sofort nach Eröffnen des Körpers werden die Halsschlagadern abgeklemmt (…).“
Worum es am Ende geht, ist ganz offensichtlich: „Sollte das Hirn zum Zeitpunkt der Organentnahme noch nicht irreversibel ausgefallen sein, würde das bedeuten, dass Organspender nach anhaltendem Herz-Kreislauf-Stillstand durch die Organentnahme getötet werden. Menschen dürfen aber Menschen nicht töten, auch nicht, um Dritten zu helfen.“
Angesichts dieser Sachlage fordert ÄPOL nun in einer Petition an den Bundesrat ein Moratorium für Organspenden nach Herztod.