Ein neuer Film der Regisseurin Haifaa Al Mansour gibt Einblick in das Leben von Frauen, die im Königreich Saudi-Arabien ihren Weg zwischen Patriarchat und westlichen Idealen suchen. Mit „The perfect candidate“ knüpft die Regisseurin an ihren 2012 gedrehten Film „Wadjda“ an. Dieser war der erste komplett in Saudi-Arabien gedrehte Spielfilm und ein Plädoyer gegen die patriarchalen Strukturen des Wüstenstaats.
Von Regula Lehmann
Am Abend des 5. März 2020 wurde „The perfect candidate“ in Zürich bei einer geschlossenen Vorpremiere vorgestellt. Im Anschluss gab es ein Gespräch mit der Regisseurin. Auch wenn der Films kein schriller Aufschrei für Gleichstellung oder Frauenrechte ist, bringt er aktuelle Themen zur Sprache. Mit warmem Unterton und feinem Humor nimmt er jedoch seine Zuhörer mit in eine Welt voller Gegensätze. Traditionelle Musik durchzieht dabei wie ein roter Faden die Filmszenen und vermittelt zwischen westlichen Einflüssen und heimatgebenden Ritualen: Maryam, ausgebildete Ärztin und Tochter eines Dorfmusikers, kandidiert für das Amt des Bürgermeisters. In Saudi-Arabien, wohlverstanden, wo Frauen schon unendlich dankbar sein müssen, wenn sie selber einen Wagen steuern dürfen. Ein herausfordernder Weg, auf dem der couragierten Ärztin nicht nur viel Widerstand, sondern auch unerwartete Verbündete begegnen.
Al Mansours Film will Frauen Mut machen, innere und äussere Grenzen zu überwinden und ihre Träume nicht zu begraben, wenn diese nicht im ersten Anlauf realisiert werden können. „Veränderung, die nicht aufgedrückt ist, sondern von innen her wächst, braucht Zeit“, ist Mansour überzeugt und stellt im Gespräch nach dem Film mit den Zuschauern klar: „Ich bin nicht Polit-Aktivistin, sondern Künstlerin, ich erzähle Geschichten.“ Kunst stellt nach Ansicht von Al Mansour einen wesentlichen Schlüssel zu einer kontinuierlichen Öffnung ihres Heimatlandes dar. Harsche politische Konfrontation schaffe laut Al Mansour nicht Offenheit, sondern verhärtete Fronten. Dies insbesondere im arabischen Raum, in dem die Verteidigung der Sippen- und Familienehre eine wichtige Rolle spiele. Den Frauen auf dem Set hat der erstmals mit Unterstützung des Regimes gedrehte Film neue Horizonte eröffnet. Dass die meisten von ihnen Laienschauspielerinnen sind, gibt Mansours Film eine grosse Natürlichkeit. Ob der Film ein Zeichen für mehr Demokratie auf der arabischen Halbinsel setzt oder eher ein Täuschungsmanöver der saudischen Regierung darstellt, wird sich zeigen. Noch lässt der arabische Frühling in vielerlei Hinsicht auf sich warten.
Kinostart: 12. März 2020
Mehr zum Film: www.dcmworld.ch