Ein überparteiliches und überkonfessionelles Bürgerkomitee fordert Bundesrat und Parlament auf, das Verbot öffentlicher Gottesdienste per sofort aufzuheben. Da Staats- und Freikirchen ihre Hausaufgaben gemacht und entsprechende Schutzkonzepte erarbeitet haben, wäre eine Lockerung nicht nur begrüssenswert, sondern auch verhältnismässig.

Von Regula Lehmann

Alle grossen Kirchenverbände in der Schweiz bemühen sich, dass Gottesdienste wieder stattfinden können. Sowohl die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) als auch die Evangelisch-reformierte Kirche (EKS), der Freikirchenverband (VFB) sowie die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) haben dem Bund Schutzkonzepte vorgelegt, welche die Wiederaufnahme von Gottesdiensten ermöglichen sollen. „Es ist wichtig, dass Gottesdienste bald wieder möglich sind. Denn es gibt Menschen, denen das ein grosses Bedürfnis ist“, begründete Werner Inderbitzin, Präsident des Kirchenvorstandes der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz gegenüber kath.ch den Wunsch nach einer baldigen Kirchenöffnung.

Auch die jüdischen Dachverbände bitten in ihrem Schreiben vom 30. April 2020 die Regierung, in ihre Überlegungen zu den Lockerungen nicht nur die Wirtschafts- und Versammlungsfreiheit, sondern auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit mit einzubeziehen. Gottesdienste für alle Religionsgemeinschaften sollten rasch wieder ermöglicht werden, „wenn möglich noch vor der Lockerung der Einschränkungen der allgemeinen Versammlungsfreiheit“.

Glaube ist systemrelevant

Dass die Anliegen der Schweizer Religionsgemeinschaften vom Bundesrat bisher eher stiefmütterlich behandelt wurden, ist angesichts des grossen Einsatzes, den diese leisten, nur schwer nachvollziehbar: Kirchen und Freikirchen zeigen sich in der gegenwärtigen Krise als solidarische, anpassungsfähige und mit Herzblut engagierte Partner von Parlament und Bevölkerung. Pfarrer berichten beispielsweise, dass sie viele Stunden täglich am Telefon verbringen, um isolierten Menschen zu zeigen, dass sie nicht vergessen sind.

Dass der christliche Glaube gerade in Krisenzeiten äusserst systemrelevant ist, zeigen auch die in die Höhe geschnellten Aufrufe von christlichen Webseiten, Gottesdiensten und Beratungsangeboten. „Not lehrt beten“ sagt der Volksmund und wird darin durch die Tatsache bestätigt, dass das Stichwort „Gebet“ gegenwärtig einen der meistgesuchten Begriffe auf google darstellt. Wenn Fundamente wanken und vermeintliche Sicherheiten sich als trügerisch erweisen, sind christliche Kirchen als Wegweiser auf den Gott hin, der „unsere Zuversicht und Stärke“ ist, ein zentraler Bestandteil von Gesundheitsförderung und Panikbekämpfung.

Kirchen werden nicht verhältnismässig behandelt

Tatsache ist jedoch, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften bei den Auftritten in den Strategien zur schrittweisen Öffnung bisher ans Ende der Schlange verwiesen wurden. Während Einkaufszentren, Baumärkte und Tatoo-Studios geöffnet sind und der öffentliche Verkehr wieder hochgefahren wird, sollen Gotteshäuser frühestens am 9. Juni wiederbelebt werden dürfen. Ob dies verhältnismässig ist, ist mehr als fraglich. Deshalb wurde nun von einem überkonfessionellen Bürgerkomitee die Petition „Schluss mit dem Kirchen-Lockdown“ ins Leben gerufen. Die Initianten sind überzeugt, dass eine weitere Benachteiligung von Kirchen nicht nur gegen das Gebot der Verhältnismässigkeit, sondern auch gegen das Menschenrecht auf freie Religionsausübung verstösst. Darauf zu achten, dass Grundrechte nicht willkürlich beschnitten werden, ist in einer Demokratie die Aufgabe jedes Einzelnen und kann nicht an die staatlichen Verantwortungsträger allein delegiert werden.

Hier geht’s zum Unterzeichnen der Petition:
https://schluss-lockdown-gottesdienste/