Die Reformierte Kirchgemeinde Oftringen verschenkt ihre Klagemauer. Fast eineinhalb Jahre lang konnten die Einwohner Gebetszettelchen in die Backstein-Ritzen stecken. Nun soll das kurz vor dem Lockdown installierte Werk – falls eine interessierte Gemeinde gefunden wird – andernorts dienen.
„Im vergangenen Jahr hätten wir 100 Jahre Kirchgemeinde Oftringen gefeiert, in jedem Monat wollten wir etwas für das Dorf tun‟, erinnert sich Sonja Neuenschwander, die in der Kirchgemeinde für Soziales, Diakonie und verschiedene Projekte verantwortlich ist. „Die Klagemauer war das März-Projekt, wir fertigten sie gerade noch vor dem Lockdown an – wir merkten dann, dass es das Idealste war, was wir tun konnten.‟
Während des Lockdowns wurde sie rege genutzt. „Man wusste nicht, was abgeht. Die Leute konnten einfach kommen, Zettelchen nehmen und ihre Gebete und Sorgen aufschreiben und zwischen die Ritzen der Backsteine stecken. Es hat auch jetzt noch ein paar, sie wird immer noch benutzt.‟
„Es ist zwischen Mensch und Gott‟
Die Kirche steht direkt neben dem Schulhaus. „Hier hält auch das Elterntaxi. Wir wissen nicht, wer alles kommt. Im Gästebuch der Offenen Kirche stehen auch viele ausländische Sprachen. Es ist wirklich von der Bevölkerung benutzt worden.‟
Eine Statistik wurde nicht geführt, „und was auf den Zetteln steht, ist zwischen dem Menschen und Gott. Wir räumten von Zeit zu Zeit die Zettelchen heraus und entsorgten sie – ohne sie anzuschauen.‟
Klagemauer soll weitergegeben werden
Nach bald eineinhalb Jahren soll die Klagemauer nun weitergegeben werden. „Es ist eine gewisse Müdigkeit aufgekommen, sie ist zur Normalität geworden. Deshalb haben wir beschlossen, sie weiter zu verschenken, damit sie einer anderen Gemeinde nützlich ist.‟ Sonja Neuenschwander weiter: „Uns würde es schade dünken, sie jetzt auseinanderzunehmen und zu entsorgen. Wir würden sie gerne einer anderen Gemeinde zur Verfügung stellen, damit sie sie gebrauchen kann und die Bevölkerung dadurch angesprochen wird.‟
Interessenten können sich bei der Kirchgemeinde melden, je nach Möglichkeit kann sogar der Transport organisiert werden.
Das Spannende an der Klagemauer sei, dass sie anonym ist. „Das spricht die Leute an, die nicht unbedingt in einen Gottesdienst sitzen, aber das Bedürfnis haben, auf eine Weise mit Gott zu kommunizieren oder die wissen, dass ein Gott da ist – dieses niederschwellige Angebot von Gebet finde ich sehr spannend.‟