Anfang Juli 2022 verurteilte das Bezirksgericht Winterthur einen 21-jährigen, sogenannten „Loverboy“ zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten. Der junge Mann hatte ein zwölfjähriges Mädchen von sich abhängig gemacht und überliess es dann seinen Kollegen für Vergewaltigungen.
Die Zahl junger Männer, welche die Bewunderung jüngerer Mädchen ausnutzen, um sie von sich abhängig zu machen und sie anschliessend sexuell auszubeuten, hat in der Schweiz in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Seit der Eröffnung der „Nationalen Meldestelle gegen Menschenhandel und Ausbeutung ACT212“ im Oktober 2015 sind über 50 Meldungen zur Loverboy-Methode eingegangen und die Betreiber der Meldestelle gehen davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist.
Schockierend ist neben der Kaltblütigkeit, welche Loverboys an den Tag legen auch, wie jung viele von ihnen sind. Im Fall von Winterthur waren drei der Mittäter zur Tatzeit noch minderjährig, weshalb sie lediglich eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs bis zehn Monaten erhielten. Weitere drei Vergewaltiger waren zur Tatzeit bereits volljährig und müssen deshalb für drei bis sechs Jahre ins Gefängnis. Sie erhielten zudem ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen und zwei von ihnen werden für sieben respektive acht Jahre des Landes verwiesen. Zudem müssen die sieben Verurteilten dem heute 17-jährigen Opfer insgesamt eine Genugtuung von 117’000 Franken zahlen.
Um das Loverboy-Phänomen zu erforschen, geeignete Präventionsmaterialien zu erstellen und wirksame Interventionsstrategien zu entwickeln, hat ACT2012 eine „Expertengruppe Loverboy“ gegründet. Weiter informiert der Verein durch Schulungen und Fachtagungen über das Phänomen. Sensibilisiert werden sollen neben Lehrern, Polizei und im Sozialbereich tätigen Personen auch Mütter und Väter. Mädchen mit präsenten, zugewandten Eltern sind weniger gefährdet, Opfer zu werden, und wache, engagierte Eltern tragen laut Fachleuten viel zur Enttarnung von Loverboys und ihren Mittätern bei. Da die Separierung von Familie und Freunden zur gängigen Täterstrategie gehört, sollten Eltern, Freunde und Bekannte aufmerksam werden und reagieren, wenn Mädchen ihre sozialen Kontakte abbrechen und sich übermassig stark von Familie und Freunden absondern.
Weil es zudem – wie ein Video von Zukunft CH zeigt – erwiesen ist, dass der Konsum von Pornografie sexuelle Übergriffe und Gewalt fördert, besteht ein weiterer Baustein einer effektiven Loverboy-Prävention darin, Kinder und Jugendliche vor Pornografie zu schützen. Wertvolle Hinweise dazu liefert die Broschüre „Kinder wirksam vor Pornografie schützen“, die unter Zukunft CH Bestellformular oder Tel. 052 268 65 00 bestellt werden kann.