Wie die Stiftung Zukunft CH im Magazin 5/2022 berichtete, geraten Menschenrechte zunehmend unter Beschuss. So verbot die Stadtverwaltung Pforzheim in Deutschland eine stille Gebetsversammlung in der Nähe einer Abtreibungsberatungsstelle von „Pro Familia“. Dagegen ging Pavica Vojnović, Leiterin der Gebetsgruppe „40 Tage für das Leben“, vor und gewann nun vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim.
Von Ralph Studer
Pavica Vojnović und ihre Gruppe hinderten niemanden daran, das Gebäude zu betreten, noch blockierten sie den Fussweg in der Umgebung. Die Gebetswachen verliefen durchgehend friedlich. Die Polizei beobachtete die Gebetsgruppen und konnte keine Verstösse feststellen. Dennoch verlangte die Leitung der örtlichen Abtreibungsberatungsstelle von „Pro Familia“, dass die Gebetswachen in einiger Entfernung stattfinden oder ganz verboten werden sollten. Dieser Forderung kam die Stadtverwaltung Pforzheim nach, erteilte der Gebetsgruppe einen Platzverweis und wies der Gruppe einen abgelegenen Platz jenseits einer stark befahrenen Kreuzung zu, ausserhalb der Hör- und Sichtweite der Abtreibungsberatungsstelle.
Erste Instanz noch gegen die Beter
Gegen diesen Entscheid klagte Vojnović unter Berufung auf das Recht auf Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit und verlor vor der ersten Instanz. Das Verbot einer stillen Gebetsversammlung in der Nähe einer Abtreibungsberatungsstelle darf bestehen bleiben, so das Urteil vom 12. Mai 2021. Damit wurde die Forderung von Vojnović, Einschränkungen ihrer Gebetsversammlungen aufzuheben, abgewiesen.
Vojnović legte sich mit diesem gerichtlichen Verfahren nicht mit einer unbekannten Organisation an, sondern mit „Pro Familia“ – ein Name, der Familien- und Kinderfreundlichkeit vermuten lässt. Doch weit gefehlt: „Pro Familia“ ist Gründungsmitglied der „International Planned Parenthood Federation“ (IPPF), einer weltweit tätigen Organisation mit eigenen Abtreibungskliniken.
Versammlungsfreiheit geht vor
In zweiter Instanz erhielt Vojnović nun Recht. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschied, dass es rechtswidrig war, die Gebetsgruppe zu verbannen, da keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit von der Versammlung ausging. Die von der Verfassung geschützte Versammlungsfreiheit komme vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute und sei für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. Zudem umfasst die Versammlungsfreiheit auch das Recht der Organisatoren über die Durchführung der Versammlung, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten zu bestimmen, so der Gerichtshof.
Lebensschützer zunehmend mit Einschränkungen konfrontiert
Unlängst verabschiedete das spanische Parlament ein Gesetz, das Gebet vor Abtreibungseinrichtungen verbietet und mit Gefängnisstrafe bedroht. Dieses Gesetz wird gerade in Spanien angefochten. In Schottland verkündete die Regierungschefin Nicola Sturgeon vor kurzem, dass die Regierung aufgrund internationaler Menschenrechte keine Einschränkungen von Gebeten vor Abtreibungskliniken vornehmen dürfte. Dass diese Einschränkungen das Ziel seien, daraus machte Sturgeon keinen Hehl. Diese Beispiele verdeutlichen, welch hartem Kampf die Beter und die Lebensschützer zusehends gegenüberstehen. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim stellt in diesem Zusammenhang einen Lichtblick dar und ein wichtiges Zeichen, Entscheide von staatlichen Instanzen nicht einfach hinzunehmen, sondern aktiv dagegen vorzugehen.
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