Toxische Männlichkeit. Es gibt derzeit kaum ein Schlagwort, das destruktiver ist als dieses. Dass es hyperdominante, aggressive Männer immer gab und gibt – kein Zweifel. Doch seit einiger Zeit wird dieser Begriff mit allem in Verbindung gebracht, was irgendwie nach traditioneller Rollenverteilung aussehen könnte. Und das verändert die Gesellschaft bei weitem nicht nur auf positive Art und Weise.
Kommentar von Ursula Baumgartner
Für den 5. April 2023 rief der Verein „Die Feministen“ zu einem „Rethink Masculinity Day“ auf. Männer sollten an diesem Tag im Rock in die Öffentlichkeit und an ihren Arbeitsplatz gehen. Das Ziel? Konzepte von Männlichkeit sollten überdacht werden. „Die Feministen“ überlegen dazu auf ihrer Seite: „Wann ist ein Mann ein Mann? Wenn er stark und unabhängig ist, wenn er in Anzug und schickem Auto zum Fussballmatch fährt oder wenn er mit seinem Lohn die ganze Familie ernährt? (…) Doch kann Männlichkeit nicht auch fürsorglich, verantwortungsvoll und vielfältig gelebt werden?“
Einfalt in der Vielfalt
Dieser so aufgebaute Pseudogegensatz ist perfide. Denn er sagt nichts anderes als: Ein Familienvater, der tagtäglich dafür arbeitet, seine Familie zu versorgen, lebt seine Männlichkeit nicht verantwortungsvoll. Und seit wann schliessen sich Stärke und Fürsorglichkeit gegenseitig aus? Auch das vielgepriesene Konzept der „Vielfältigkeit“ begräbt sich selbst, wenn „20 Minuten“ über die Veranstaltung berichtet: „Dafür trugen sie alle Röcke.“ Einer der Rockträger begründet seine Teilnahme an der Veranstaltung in einem Interview folgendermassen: „Ich will andere Männer dazu anregen, die Entscheidungen, die sie im Leben treffen, nicht aufgrund von Geschlechterstereotypen zu treffen. Sie sollen Lust haben zu entdecken, was es sonst noch gibt ausserhalb von diesen Normen.“
Doch was von alledem, was das „veraltete Männerbild“ ausmacht, ist denn heute überhaupt noch vorhanden? Wie viele Berufe gibt es denn z.B. noch, die einem aufgrund des Geschlechts verwehrt werden? Welchen Hobbys darf man als Mann, als Frau aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit nicht nachgehen? Ist die fortgesetzte Schmähung von „Stereotypen“ überhaupt noch zeitgemäss? Sind Männer, die einen Rock tragen, nun männlicher oder weniger männlich? Und was davon ist überhaupt gewünscht?
Versteckte Ziele
Liest man allerdings das „Manifest“ der Feministen, wird klar, dass es beim Hinterfragen von Stereotypen nicht bleiben soll. Der Verein lehnt nicht nur „jegliche Formen von Anti-Feminismus, Maskulinismus, Frauenfeindlichkeit, Homo- und Transfeindlichkeit“ ab, sondern auch das binäre Geschlechtersystem an sich. Ehrlicher wäre es also, nicht zu behaupten, dass man das Konzept von Männlichkeit „überdenken“ will. Sie sollten zugeben, dass sie die Geschlechter als solche abschaffen möchten. Dass die Feministen allerdings gleichzeitig auch das Ziel haben, „jegliche Form von Sexismus zu bekämpfen“, überrascht nicht wenig. Denn der oben zitierte scharfe Angriff auf die Männlichkeit hat definitiv sexistische Züge. Aber wenn sich diese gegen weisse, heterosexuelle Männer richten, scheint dies ja heute kein Problem.
Eine männlichkeitsfreie Gesellschaft?
Wie viele Frauen in unserer Gesellschaft wünschen sich einen starken „Fels in der Brandung“ in ihrem Leben? Wie viele junge Mädchen wünschen sich einen Vater, dessen „Prinzessin“ sie sein dürfen und der sie bestärkt? Wie viele von ihnen meinen irgendwann, ein Junge sein zu müssen, weil sie von ihrem Vater als Mädchen keine Bestätigung bekamen? Wie viele junge Frauen entschliessen sich, ihr ungeborenes Kind abzutreiben, weil der Kindsvater die Worte „Wir schaffen das gemeinsam“ nicht herausbringt? Wie viele Frauen werden verbittert und zynisch, weil sie sich selbst nicht eingestehen wollen, dass sie männliche Stärke in ihrem Leben vermissen? Wie viele Frauen fallen in Depressionen, weil sie erschöpft sind vom ewigen Stark-sein-müssen? Wie viele Männer ziehen sich schliesslich verunsichert und mutlos zurück, weil ihre Tatkraft und ihre Führungsstärke als „toxisch“ geschmäht werden? Und welche dieser drängenden Probleme werden auch nur ansatzweise dadurch gelöst, dass Männer einen Tag lang im Rock herumlaufen?
Die Lösung? Maskulinität und Weiblichkeit!
Nein, wir brauchen keine Männer in Frauenkleidern. Was wir brauchen, sind Männer, die sich wieder trauen, ihren Gestaltungswillen, ihre Aktivität und Führungsqualität auszuleben, ohne Angst haben zu müssen, dafür als frauenfeindlich beschimpft zu werden. Und wir brauchen feminine Frauen. Frauen, die ihre wunderbaren weiblichen Fähigkeiten – ja, auch ihre Fruchtbarkeit und ihre Mütterlichkeit – wieder in Staunen, Freude und Liebe annehmen, statt voller Wut und Neid an der Karriereleiter ihrer Zeitgenossen zu sägen. Aber Frauen sollen auch, wenn sie das wollen, ihre maskuline Seite freudig und tatkräftig ausleben dürfen, Wände streichen und eine Schreinerlehre machen oder Lokführerin werden. Und Männer sollen auch feinfühlig sein dürfen, gerne musizieren und mit den Kindern basteln dürfen. Wir brauchen die Försterin, die den Tag im Wald verbringt und sich freut, wenn sie abends von ihrem Mann bekocht wird, ohne dass sie ihr Frausein oder er sein Mannsein in Zweifel zieht.
Ja, lasst uns Männlichkeit überdenken. Und Weiblichkeit auch. Ohne ideologische Scheuklappen, ohne blindwütiges „Ich will aber“ und die Zerstörung des eigenen Körpers und des eigenen Ichs. Dann, und nur dann, werden wir die Gesellschaft reformieren. Liebevoll, gelassen und lebensspendend.