Soziale Isolation und Einsamkeit erhöhen das Sterberisiko. Dies geht aus einer umfangreichen Studie der Medizinuniversität Harbin in China hervor.

Von Sabrina Montanari, IEF

Unter „sozialer Isolation“ ist ein objektiver Mangel an sozialen Kontakten zu verstehen. „Einsamkeit“ hingegen beschreibt ein subjektives Gefühl von Not, welches dann entsteht, wenn sich Menschen mehr Kontakt zu anderen Menschen wünschen als sie tatsächlich haben. Während laut der Studie Männer häufiger von einem objektiven Mangel an sozialen Kontakten betroffen seien, fühlten sich Frauen häufiger einsam. Dies, obwohl Frauen tendenziell ein größeres soziales Netzwerk aufweisen.

Die Studie beruht auf neunzig Studien rund um das Thema soziale Isolation/Einsamkeit und bezieht sich auf Daten von insgesamt über zwei Millionen Menschen aus verschiedenen Ländern. (81 der 90 Studien beziehen sich auf Länder mit hohem Durchschnittseinkommen, wie zum Beispiel Japan, Finnland und die Vereinigten Staaten.)

Verstärkte Ausschüttung von Cortisol tritt bei Vereinsamung auf und ist schädlich

Der ORF fasst die wichtigsten Ergebnisse der Studie folgendermassen zusammen: Während ein objektiver Mangel an sozialen Kontakten durchschnittlich mit einem etwa 32 Prozent höheren Sterberisiko einhergehe, gehe das Gefühl von Einsamkeit mit einem etwa 14 Prozent höheren Risiko einher. Dabei gebe es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Männern und Frauen. Soziale Isolation erhöhe das Risiko an einer Krebserkrankung zu sterben um 22 Prozent, Einsamkeit hingegen um neun Prozent. Das Risiko an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, steige bei sozialer Isolation um 34 Prozent.

Eine der wesentlichen körperlichen Ursachen für den positiven Zusammenhang zwischen sozialer Isolation/Einsamkeit und Sterberisiko sei laut dem chinesischen Forscherteam die verstärkte Ausschüttung von Cortisol, welches auch als „Stresshormon“ bekannt ist. Studien hätten bereits bewiesen, dass sozial isolierte Personen im Laufe des Tages mehr Cortisol ausschütten und dass Einsamkeit eine Überreaktion der sogenannten HPA-Achse (ein komplexer endokrinologischer Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde, der die Stressreaktion beeinflusst) verursache.  Die kontinuierliche Aktivierung der HPA-Achse wirke sich auf eine Vielzahl physiologischer Funktionen aus, zum Beispiel, auf die Glukoseregulierung, auf den Stoffwechsel und auf die Kontrolle von Entzündungen. Damit könne man, so die Forscher in Hardin, zumindest teilweise das erhöhte Risiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder an Krebs zu erkranken, erklären. Auch seien soziale Isolation und Einsamkeit mit höheren Raten an Depressionen und mit einem schnelleren kognitiven Abbau verbunden. Zuletzt seien schädliche Verhaltensweisen, die mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden sind, wie zum Beispiel ungesunde Ernährung oder Alkoholkonsum, bei Menschen, die über ein kleines soziales Netzwerk verfügen, verbreiteter.

Das Forscherteam plädiert dafür, diese Faktoren in der Medizin stärker zu berücksichtigen und Strategien zu entwickeln, um der Vereinsamung von Menschen auf gesellschaftlicher Ebene entgegenzuwirken.

 

Quelle: Institut für Ehe und Familie (IEF)