Wie feiern Sie den 1. August? Mit Feuerwerk, Lampions und „Buurezmorge“? Oder nehmen Sie an den Feierlichkeiten in ihrer Gemeinde teil? Solche Fragen gehen tiefer als sie auf den ersten Blick erscheinen. Sind solche nationalen Festlichkeiten in Zeiten von Internationalisierung und Globalisierung überhaupt noch zeitgemäss?

Von Ralph Studer

Viele Schweizer Gemeinden laden ihre Einwohner zu einer gemeinsamen Feier des Nationalfeiertags ein, bei der die 1.-August-Rede einen wesentlichen Programmpunkt des Abends darstellt. Die Gemeinde Urdorf im Kanton Zürich zum Beispiel legt besonderen Wert darauf, mit ihrer Bevölkerung einen „würdigen, volks- und dorfbezogenen 1. August zu feiern“. Besonders festlich begeht Interlaken den Nationalfeiertag. Zu den Höhepunkten gehören die Höhenfeuer auf den umliegenden Berghängen. Dazu werden folkloristische Darbietungen wie Alphornblasen, Fahnenschwingen und Jodeln gezeigt. Nicht zu vergessen die Fackelumzüge und das Feuerwerk, welche bei Kindern sehr beliebt sind. Den Schweizer Gemeinden und der Schweizer Bevölkerung scheint weiterhin viel am 1. August zu liegen. Und dies zu Recht.

Zukunft ist Herkunft  

Wer gerne reist, merkt bald, wie verschieden die Staaten und Völker dieser Welt sind, sei es in sprachlicher, gesellschaftlicher oder kultureller Hinsicht. Dies zu entdecken, bereichert uns und erweitert unseren Horizont. Gleichzeitig sind wir herausgefordert, uns mit uns selbst, unserer Heimat, der eigenen Religion, Kultur und Geschichte auseinanderzusetzen. Alles Aspekte, die eng mit unserer eigenen Identität verknüpft sind. Denn wer weiss, woher er kommt, was ihn ausmacht, kann sich bewusst und ohne Scheu auf das Neue einlassen und gute Entscheidungen für die Zukunft treffen.

So gelingt ein Brückenschlag zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Denn Zukunft ist Herkunft. Gerade in Krisenzeiten wie der unsrigen, in der elementare Werte in Frage gestellt werden, kann uns dieser Blick zurück helfen, Krisen zu bewältigen. Eine solche Erinnerungskultur ist wichtig. Wenn der Mensch die eigene Geschichte ins Zentrum rückt, um daraus zu lernen, ist viel getan. Und wenn es uns hilft, uns menschlicher, klüger und zukunftsfähiger zu machen, was kann uns Besseres passieren?

Geschichtsträchtiges Jahr 2023

Geschichte ist einer der zentralen Pfeiler unserer Identität. Nur allzu oft vergessen wir, dass Nationen wie die Schweiz von historisch prägenden Ereignissen und Erzählungen leben, die vor allem in unsicheren Zeiten identitätsstiftend wirken. Auch dieses Jahr gedenken wir einer zentralen Begebenheit unserer Geschichte, des 175-Jahr-Jubiläums unserer Bundesverfassung und der Gründung des Schweizer Bundesstaats. Gerade die Entstehung der Verfassung erinnert uns an eine schwierige Zeit unserer Schweizer Vergangenheit, als nach dem Ende des Sonderbundskriegs 1847 zwischen Liberal-Radikalen und Katholisch-Konservativen die Gräben wieder zugeschüttet werden mussten.

Identität heisst Stärke

Wie das kleine Kind aus der Sicherheit des Urvertrauens sich aus dem elterlichen Schutzraum hinaustraut und seine Umgebung erforscht, so erwächst aus einer gefestigten (nationalen) Identität die Liebe zum Heimatland und die Bereitschaft, sich für dieses einzusetzen. Denn jede Regierung, jeder funktionierende und florierende Staat ist zwingend auf solche Bürger angewiesen. Sonst droht ihm langfristig der Untergang. Zudem bedeuten eine starke Verwurzelung und eine gefestigte Identität Wachstum in der eigenen Entwicklung und fördern zugleich ein selbstbewussteres Auftreten auf dem internationalen Parkett.

Aus diesem Bewusstsein kann die Schweiz wieder zu ihrer Stärke zurückfinden, sich im Innern festigen und ihre Positionen und Anliegen in internationalen Verhandlungen dezidiert einbringen. Angesichts des massiv gefährdeten Weltfriedens wäre es zudem gegenwärtig vordringliche Aufgabe der Schweiz, sich auf die Vorteile der Neutralität zu besinnen und daraus Friedensinitiativen zu lancieren und zu vermitteln, statt sich der NATO weiter anzunähern.

Nicht nur das. Aus der eigenen Stärke heraus entstehen Staaten, die den Menschen ein Leben in Freiheit ermöglichen. Gerade die Schweiz mit den Instrumenten der direkten Demokratie, des Föderalismus und der guten Dienste für kriegsleidende Staaten hat hier ein ungeheures Potenzial, für sich und für die internationale Staatengemeinschaft zum Segen zu werden. An diese Tatsachen soll uns der Nationalfeiertag erinnern.

Rückbesinnung auf unsere Grundlagen

Damit ist allerdings nicht gemeint, den eigenen Staat zu überhöhen, ihn zu vergöttern und andere zu degradieren. Das wäre falsch und ist mit Schweizer Eigenschaften wie Bescheidenheit und Bodenständigkeit unvereinbar. Was jedoch gerade heutzutage wieder zu verinnerlichen ist, ist ein gesundes Nationalbewusstsein in einer zunehmend globalisierten Welt.

Denn eine globalere Politik bringt beträchtliche Risiken und Nachteile mit sich. Zentralistische Massnahmen führen zu Entmachtung von Staaten und Bürgern. Sie führen zu einer weiteren Ausdehnung des Einfluss- und Machtbereichs von internationalen Organisationen wie z.B. der WHO. Denn je weniger Spielraum die einzelnen Länder und Regionen haben, desto weniger Freiheit und Mitbestimmung bleibt ihnen und desto weniger Verantwortung können sie übernehmen. Besonders problematisch ist hierbei, dass die Distanz zwischen Entscheidungsträgern und den betroffenen Menschen und deren Lebenssituation immer grösser wird. Unweigerlich verlieren politische Entscheidungen an Akzeptanz in der Bevölkerung und gefährden den sozialen Frieden. Auf die Schweiz übertragen bedeutet dies vor allem weniger Demokratie und Föderalismus. Ein solcher Weg entfernt uns von unseren historischen Errungenschaften und unserer Verfassung. Dies widerspricht dem Erfolgskonzept Schweiz diametral.

Verheissungsvolle Zukunft

Gerade in dieser Rückbesinnung auf die eigenen Erfolgsfaktoren, auf das, was die Schweiz auszeichnet und ihr national und international Ansehen und innere Stärke gebracht hat, liegt ein Kern der 1.-August-Feiern. Dies umso mehr, als der gegenwärtige „Zeitgeist“ alles anzweifelt, alles in Frage stellt, worauf unser Fundament beruht, sei es Geschlecht, Familie, staatliche Souveränität und Neutralität. Deshalb heisst Rückbesinnung, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und an den bewährten Grundlagen der Schweiz festzuhalten. Der Nationalfeiertag ist deshalb aktueller denn je. Aus der Erkenntnis der eigenen Stärken kann auch künftig Gutes entstehen. Und vor allem: Freiheitlich und verantwortungsvoll gesinnte Menschen können sich, um es mit dem Publizisten und Schriftsteller Giuseppe Gracia zu sagen, „nur entfalten unter dem Schutz einer selbstbewussten, identitätsstiftenden Nation“.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und Ihrer Familie einen schönen und unvergesslichen 1. August 2023!

 

Zum Thema „Zukunft ist Herkunft – Wie wir aus der Krise kommen“ hält Bestsellerautor und Fernsehmoderator Peter Hahne am 30. September 2023 in Uster einen Vortrag. Melden Sie sich jetzt über unser Anmeldeformular an. (Bei “Bestellung” bitte “Anmeldung Peter Hahne Vortrag” angeben.)