Die Menschenwürde ist in keiner Lebensphase verhandelbar. Wir lehnen den Schwangerschaftsabbruch ab.“ So steht es im Grundsatzprogramm der österreichischen Volkspartei (ÖVP). Dennoch sollen bald im ÖVP-regierten Vorarlberg Abtreibungen in einem Landeskrankenhaus durchgeführt werden. Eine Petition ruft nun dazu auf, das Grundsatzprogramm einzuhalten.

Lange Zeit war Benedikt Hostenkamp der einzige Abtreibungsarzt in Vorarlberg. Nun steht seine Pensionierung an, doch er findet keinen Nachfolger. Dies wäre durchaus Grund zur Freude, könnte es doch bedeuten, dass die Zahl der Abtreibungen bald in mindestens einem österreichischen Bundesland sinken. Doch der Optimismus ist verfrüht. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) kündigte an, dass künftig im Bregenzer Landeskrankenhaus Abtreibungen ermöglicht würden. Ihr Parteikollege, der Landeshauptmann Markus Wallner, versprach seinen Wählern hingegen bis vor kurzem, Abtreibungen nicht in öffentlichen Spitälern durchzuführen.

Dass diese letzte rote Linie nun doch überschritten werden soll, beklagt PatriotPetition. Die Vereinigung argumentiert zu Recht, dass dies nicht zuletzt die Gewissensfreiheit der Mitarbeiter aushebeln würde: „Denn im laufenden Klinikbetrieb würden von der Krankenschwester über die Reinigungskraft bis hin zum Portier alle nach und nach dazu genötigt, in irgendeiner Form an Abtreibungen mitzuwirken.“ Unschuldige, wehrlose Kinder zu töten, sei zudem „nicht Aufgabe des öffentlichen Spitalwesens“. In ein und demselben Krankenhaus würden nun „in einem Raum Babys geboren und gleich nebenan, im anderen Raum Babys im Mutterleib zerstückelt“. PatriotPetition konstatiert knapp und treffend: „Ein moralischer Widersinn“.

Die Organisation hat daher eine Petition ins Leben gerufen, die bereits von knapp 5000 Menschen unterschrieben wurde und die Wallner dazu aufruft, zu seinem Wort zu stehen. Er habe „als Christ und Landeshauptmann“ seiner Verpflichtung nachzukommen und möge „die Förderung von Abtreibungen als ‚reguläre medizinische Eingriffe‘ am Landeskrankenhaus unbedingt unterbinden.“

 

Aktualisierung: Die Petition hatte Erfolg, teilten die Initianten am 22. September mit. Am 20. September 2023 kam der sozialpolitische Ausschuss des Landtags zusammen, um über das Thema zu beraten. Im Anschluss an die Sitzung trat dann Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) vor die Presse, um alles zurückzunehmen, was sie zuvor angekündigt hatte: Ihr Plan, eine Abtreibungspraxis im Landeskrankenhaus Bregenz einzurichten, die noch im Herbst 2023 den Betrieb hätte aufnehmen sollen, sei vom Tisch. Es werde auch in Zukunft keine Abtreibungen in den Vorarlberger Krankenhäusern geben. Stattdessen werde man nun doch am Umbau des ehemaligen Personalwohnheims zur Abtreibungsklinik festhalten; mit einer Fertigstellung sei aber frühestens Ende 2024 zu rechnen.

Der Erfolg der Petition ist ein zweifacher: Erstens, weil er zeigt, dass Abtreibung keine Gesundheitsfürsorge ist und in öffentlichen Spitälern nichts zu suchen hat. Zweitens, weil die Gewissensfreiheit des Krankenhauspersonals, auch nicht indirekt an Abtreibungen mitwirken zu müssen, gewahrt bleibt.