Eine aktuelle US-Studie zeigt, dass Empathie einen massgeblichen Effekt auf Behandlungserfolge hat. Dass man damit nicht früh genug beginnen kann, ist Ergebnis einer weiteren Studie aus Spanien: Empathie-Trainings bei Medizinstudenten wirken sich demnach positiv auf die Patientenbetreuung aus und sollten fixer Bestandteil der Ausbildung sein.
Empathie ist ein integraler Bestandteil der Arzt-Patient Beziehung. Nur wer Empathie zeigt, richtig informiert und auf die Bedürfnisse des Patienten eingeht, kann das Vertrauen des Kranken gewinnen, ihn in seiner Eigenverantwortung stärken und für eine Therapie motivieren. Allerdings sind solche Trainings selten Teil des regulären Curriculums.
Universitäre Zusatztrainings zeigen Wirkung
Trainings zur Förderung sozialer Kompetenzen und beruflicher Integrität steigern signifikant das Empathievermögen von Medizinstudenten. Zu diesem Ergebnis kommt eine in Patient Education and Counseling publizierte Studie (Februar 2024, 119:108024). Empathie- und Integritätstrainings sollten verstärkt an medizinischen Ausbildungsstätten eingeführt werden, so die praktische Implikation der Studie.
Wie wird Empathie gemessen?
Das abteilungsübergreifende Team der Universität Navarra untersuchte anhand von zwei Studentengruppen (241 Teilnehmer) den Einfluss mehrjähriger medizinischer Kurse, in denen unter anderem das Empathievermögen, Integrität und personenzentrierter Umgang mit Patienten gefördert wurde. Die erste Gruppe hat dafür mehrfache Zusatztrainings belegt, die zweite Gruppe nicht. Das Empathieniveau beider Gruppen wurde vor Studienbeginn und nach Studienabschluss anhand von Selbstevaluierung und Evaluierung durch standardisierte Simulationspatienten (SPs) beurteilt.
Durch standardisierte Patienten kann aussagekräftig beurteilen werden, inwiefern Studenten sich nicht nur selbst als empathisch beschreiben, sondern Empathie in der Praxis demonstrieren können. Basierend auf der SP-Bewertung wies die erste Gruppe nach mehrjährigen Kursen ein deutlich höheres Empathieniveau auf als die zweite Gruppe.
Empathie wird durch interdisziplinäre Reflexion gesteigert
Die Studie fand im Rahmen des Programms „Ärztliche Professionalität“ der Universität Navarra statt. Dieses Querschnittsprogramm erstreckt sich vom 4. bis zum 6. Jahr der medizinischen Ausbildung und umfasst mehrere Aspekte ärztlicher Professionalität: 1) Mitgefühl und Empathie, 2) professionelle Kompetenz, 3) Kommunikation, 4) Integrität, 5) Führung und Teamarbeit und 6) Einsatz für den Patienten. Die Trainings beinhalten auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit Palliativmedizin- und pflege, Kommunikation und Entscheidungsfindung am Lebensende. Ausserdem werden verschiedene Lernmethoden miteinbezogen wie Rollenspiele, persönlicher Erfahrungsaustausch sowie Erfahrungsberichte von Patienten und interdisziplinäre Reflexionen. Durch Reflexion sollen die Studenten einen personenzentrierten und integren Umgang mit Patienten erlernen. Studenten, die sich langfristig an solchen Kursen beteiligten, entwickelten sich zu deutlich empathischeren Ärzten, so die Autoren der Studie.
US-Studie: Ärztliche Empathie fördert Behandlungserfolg
Durch ein verbessertes ärztliches Einfühlungsvermögen kann auch der Therapieerfolg wesentlich beeinflusst werden. Das bekräftigt eine in JAMA Network veröffentlichte Studie anhand von 6000 Konsultationen bei knapp 1500 Patienten (2024;7(4):e246026)). Die Patienten, die alle unter chronischen Rückenschmerzen litten, beurteilten die Empathie ihrer Behandler mittels des sogenannten CARE (Consultation and Relational Empathy)-Fragebogens, der 10 Elemente (u. a. das Zuhören, Interesse zeigen) umfasst.
Patienten mit chronischen Rückenschmerzen fühlen sich häufig unverstanden
Gerade für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen ist die Qualität der Arzt-Patienten-Beziehung wichtig, da sie sich oft isoliert, missverstanden oder stigmatisiert fühlen, weil keine klare Ursache für ihre Schmerzursache identifiziert werden kann. Die US-Studie ergab, dass Schmerzpatienten, die von einem Arzt mit hohem Empathievermögen behandelt wurden, häufiger Verbesserungen ihres körperlichen Zustandes erlebten. Je höher der CARE-Score war, desto niedriger die Schmerzintensität, Defizite in der Funktion und der Lebensqualität. Bereits zahlreiche andere Studien legen einen positiven Zusammenhang zwischen Empathie und Vertrauen und Behandlungserfolg nahe (Bioethik aktuell, 06.09.2017). Die Forscher unterstreichen die Notwendigkeit, dass Ärzte in ihrer empathischen Kompetenz verstärkt gefördert werden und diese kultivieren.
Die Gefahr, dass Ärzte emotional erkalten, ist gross
Laut der US-Studie unterstützen Empathie-Kurse angehende Ärzte ausserdem dabei, Ängsten und Überforderung angesichts herausfordernder Situationen vorzubeugen. Sie beobachten, dass Mediziner im Laufe ihrer Ausbildung häufig Empathie abbauen. Grund dafür liegt in einer zunehmenden Distanzierung von den Patienten, aber auch die Dominanz diagnostischer Instrumente im Vergleich zu einer patientenzentrierten Kommunikation im Gesundheitssystem. Angesichts dieser Gefahr empfehlen Forscher dringend, Empathie-Trainings in das reguläre Curriculum aufzunehmen.
IMABE startet Ethik-Weiterbildung für jungen Menschen in Gesundheitsberufen
Im Rahmen der 4. Salzburger Bioethik Dialoge am 11./12.10.2024 an der Universität Salzburg bietet IMABE erstmals eine Pre-Conference für junge Menschen in Gesundheitsberufen an (Studierende und Young Professionals <35 Jahre, Jg. 1989). In interaktiven Workshops und zwei praxisnahen Fallbesprechungen („Kommunikation und Empathie“. „Behandlungsentscheidung am Lebensende“) werden zwei ethische Konfliktsituation diskutiert und ethische Fundamente vermittelt.
Quelle: IMABE