Die Schwarze Madonna in der Gnadenkapelle von Einsiedeln war Mitte November Ziel eines verstörenden Vorfalls. Ein 17-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan riss der Statue die Kleider ab, schlug auf sie ein und setzte sich ihre Krone auf den Kopf. Was nach einem Einzelfall aussieht, ist weltweit zu einer besorgniserregenden Realität geworden: Gewalt gegen Christen und christliche Stätten haben ein gravierendes Mass angenommen.

Von Ralph Studer

Das Gnadenbild von Einsiedeln ist weit über die Landesgrenzen bekannt und gilt als eines der bedeutendsten Wallfahrtsziele Europas. Am 16. November 2024 wurde das Einsiedler Heiligtum Gegenstand eines Gewaltakts. „In Gegenwart vieler betender Pilgerinnen und Pilger entkleidete eine verwirrte Person gewaltsam die Schwarze Madonna“, schreibt das Kloster Einsiedeln auf seiner Webseite.

Genauere Untersuchungen nötig

Eine Augenzeugin erzählte einem Journalisten der CH-Media-Zeitungen, es sei den anwesenden Priestern gelungen, den Täter festzuhalten und davon abzuhalten, weiteren Schaden anzurichten. Kurz darauf sei die Polizei mit Blaulicht vorgefahren und habe ihn mitgenommen.

Der Angriff wirft Fragen nach den Hintergründen des Täters auf. Bisher gibt es keine Informationen zu einem möglichen religiösen oder politischen Motiv. In jedem Fall ist eine gründliche Untersuchung, auch im Hinblick auf die psychische Gesundheit des Mannes, angezeigt. Dies umso mehr, als Übergriffe auf Christen und christliche Stätten in unseren Medien und in der Politik kaum Beachtung finden bzw. ausgeblendet werden.

Weltweite Entwicklung

Unabhängig von diesem verstörenden Vorfall von Einsiedeln zeigt ein Blick auf die weltweite Entwicklung, dass Schändungen und Zerstörungen von christlichen Kirchen und Heiligtümern, aber auch von christlichen Schulen und Krankenhäusern massiv zugenommen haben. Dies berichtet das internationale Hilfswerk Open Doors.  Im Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2022 bis 30. September 2023 des neuen Weltverfolgungsindex 2024 (WVI) wurden 14‘766 christliche Gebäude zerstört oder geschlossen.

Die Lage in China und Indien 

Die Zahlen zeigen, dass Kirchen in China (geschätzte 10‘000 geschlossene Kirchen) und Indien (2228 angegriffene Kirchen) am stärksten von Schliessung oder Zerstörung bedroht sind. Auf diese beiden Länder entfallen nach den Schilderungen von Open Doors fast 83 Prozent aller im Bericht erwähnten Fälle.

In China sind eine Reihe alter und neuer autoritärer Massnahmen der Grund für die massenhafte Schliessung von Kirchen. Dagegen verüben in Indien überwiegend gewalttätige Menschenansammlungen Angriffe auf Kirchen. Im indischen Bundesstaat Manipur wurden im Mai 2023 insgesamt etwa 400 Kirchen zerstört. Mehr als 100 Christen wurden dabei ermordet, Zehntausende von ihnen vertrieben. Die UN äusserte in einer Erklärung ihr Entsetzen über die Gewalt, die vielfach gegen christliche Mädchen und Frauen gerichtet ist.

Eine ähnliche Lage zeigt sich auch in Pakistan. Wiederholt finden sich im Bericht „Hört ihre Schreie“ des Hilfswerks „Kirche in Not“ Schilderungen von Entführungen und Zwangskonversionen christlicher Frauen und Mädchen.

Eskalierende Christenverfolgung in Afrika

Mehr als 82 Prozent der weltweit laut WVI wegen ihres Glaubens getöteten Christen lebten in Nigeria. In Subsahara-Afrika wurden weitaus mehr Morde im Zusammenhang mit dem Glauben verübt als in jeder anderen Region auf dem WVI.

Auch in Äthiopien spitzt sich die Lage zu. Dort nahm die Zahl der Angriffe auf Kirchen und Schulen dramatisch zu. Innerhalb eines Jahres schnellte die Zahl von 22  auf 284. In Burkina Faso und der Zentralafrikanischen Republik stieg die Zahl der verbrannten, geplünderten oder beschlagnahmten Geschäfte in christlichem Besitz sprunghaft an. Weiteren afrikanischen Ländern auf dem WVI droht eine ähnliche Entwicklung.

„Die Bedrohung durch militante Islamisten in Subsahara-Afrika hat sich so verschärft, dass viele Christen in der Region zunehmend Angst haben“, erläutert Frans Veerman, Leiter von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors.

Verschiebung vom Nahen Osten nach Afrika

Wie Open Doors weiter berichtet, wurden mindestens 16,2 Millionen Christen in Subsahara-Afrika bis Ende 2022 gewaltsam vertrieben, davon über hunderttausend als direkte Reaktion auf religiöse Verfolgung. Auch „Kirche in Not“ äussert seine Besorgnis zur Situation in Afrika. Diese Entwicklung werfe „Fragen zum langfristigen Überleben der Kirche in afrikanischen Schlüsselregionen auf“.

Die Ursachen der Gewaltspirale gegen Christen in Afrika liegt im „Epizentrum islamistischer Gewalt“, das sich vom Nahen Osten aus nach Afrika verlagert hat, erklärte die geschäftsführende Präsidentin von „Kirche in Not“, Regina Lynch. In den untersuchten afrikanischen Ländern wie Burkina Faso, Mosambik oder Nigeria lösten „islamistische Angriffe eine Massenmigration christlicher Gemeinschaften aus“, heißt es dazu im Bericht „Verfolgt und vergessen?“ des Hilfswerks.

Radikal-islamische Gruppen, die instabile politische Verhältnisse ausnutzen, sind auf dem gesamten afrikanischen Kontinent verbreitet. Umbrüche in der Regierungsführung und daraus resultierende Unsicherheit haben den dschihadistischen Aktivitäten Tür und Tor geöffnet, wie sie beispielsweise in Burkina Faso, Mali, Mosambik, Nigeria und Somalia zu beobachten sind.

Einsatz für die verfolgten Christen und Mahnung an uns

Diese Beispiele verdeutlichen, in welcher prekären und lebensbedrohenden Lage sich viele Christen weltweit befinden. „Die Verfolger sind“, so Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, „zumeist islamistische, hinduistische, buddhistische oder kommunistische Regime und Gruppierungen sowie Autokraten und kriminelle Banden.“  Rode appellierte an Politik und Medien, sich stärker für die Religionsfreiheit von Millionen verfolgter Christen einzusetzen: „Wir schreiben das Jahr 2024 nach Christi Geburt und müssen eine schier entfesselte Gewalt gegen Christen erleben.“

Weil sich Menschen zu Jesus Christus bekennen, werden sie zu Zehntausenden vertrieben, geschlagen oder verschwinden in Arbeitslagern. Doch trotz Verfolgung und Gewalt ist den verfolgten Gebieten kein Rückgang der religiösen Praxis zu verzeichnen. „Die Christen, die getötet wurden, haben ihr Blut nicht umsonst vergossen. Viele Menschen werden angezogen vom Glauben.“, so Bischof Gerald Mamman Musa aus Nigeria.

Das weltweite Leid verfolgter Christen muss uns aufrütteln. Gleichzeitig muss es uns auch ins Bewusstsein rufen, was in Europa passieren kann, wenn der Islam zunehmend stärker wird und seinen Einfluss in Staat und Politik ausbaut. „Wenn der Islam an die Macht kommt“, so die deutsche Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek, „ist ein Land verloren.“

Aufruf an die internationale Gemeinschaft

Dieser Entwicklung ist mit aller Kraft entgegenzuwirken. Philippe Fonjallaz, Direktor von Open Doors Schweiz, sagte deutlich: „Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und einzugreifen, damit die betroffenen Regierungen Massnahmen ergreifen, um ihre Bevölkerung zu schützen und dem Recht der Christen, ihren Glauben in Frieden zu leben, Geltung zu verschaffen.“ Diesem Aufruf ist nichts hinzuzufügen.

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