Eine aktuelle Studie des Instituts für Demokratieforschung der Universität Göttingen, der Niedersächsische Demokratie-Monitor 2023, liefert ein ambivalentes Bild der Stimmungslage im Bundesland. Migration, die Klimathematik und steigende Energiepreise bestimmen die Sorgen der Menschen. Gleichzeitig erodiert das Vertrauen in Politik und zentrale Institutionen – ein Weckruf für die Demokratie. 

Für die Studie wurden 1000 Bewohner Niedersachsens ab einem Alter von 16 Jahren befragt. Die Ergebnisse zeigen die gesellschaftlichen Spannungen. 25 Prozent der Befragten gaben an, sich durch die Präsenz von Muslimen „manchmal wie Fremde im eigenen Land“ zu fühlen. Noch mehr, nämlich 28 Prozent, sehen eine „gefährliche Überfremdung“ durch Migration.

Philipp Harfst, Leiter der Studie, sieht darin eine Herausforderung für die Integrationspolitik: „Diese Zahlen zeigen, wie stark Entfremdungsgefühle in Teilen der Bevölkerung verankert sind. Die Aufgabe der Politik ist es, Brücken zu bauen.“ Dennoch lehnten drei Viertel der Befragten die Idee ab, Migranten bei Arbeitsplatzmangel abzuschieben. Dies verdeutlicht eine komplexe, gespaltene Haltung: kulturelle Vorbehalte bei gleichzeitiger Bereitschaft zur Akzeptanz.

Politik verliert das Vertrauen der Bürger

Eine der alarmierendsten Entwicklungen ist der Vertrauensverlust in die Politik. Nur noch zwölf Prozent der Befragten vertrauen Politikern, ein dramatischer Rückgang im Vergleich zu 60 Prozent im Jahr 2021. Auch das Vertrauen in andere Institutionen wie den Verfassungsschutz (50 Prozent, zuvor 76 Prozent) und die öffentlich-rechtlichen Medien (40 Prozent, zuvor 69 Prozent) ist stark zurückgegangen.

Simon Franzmann, Direktor des Instituts, mahnt: „Die Demokratie gerät ins Rutschen, wenn das Vertrauen in ihre tragenden Säulen schwindet.“

Landesregierung punktet, Bundesregierung abgeschlagen

Positiv fällt auf, dass die niedersächsische Landesregierung unter Ministerpräsident Stephan Weil relativ gut abschneidet: 45 Prozent der Befragten zeigten sich mit ihrer Arbeit zufrieden. Im Vergleich dazu ist die Zufriedenheit mit der Bundesregierung mit nur 18 Prozent verheerend gering.

Ein Weckruf 

Die Ergebnisse des Demokratie-Monitors zeigen: Migration bleibt ein Reizthema, das die Gesellschaft spaltet. Hinzu kommt ein wachsender Frust über die politische Klasse. Die Herausforderung liegt darin, die drängenden Themen der Menschen ernst zu nehmen und Lösungen zu entwickeln, die Vertrauen schaffen. Ob der politische Wille dazu vorhanden ist, bleibt mehr als fraglich.

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