Wieder bessere Zeiten für die Meinungsfreiheit: Zwischen „Tech-Giganten“ und EU-Kommission ist ein heftiger Streit entbrannt. Nach Facebook stellt sich auch Google gegen den umstrittenen „Digital Services Act“ der EU. Diesem droht damit starke Gegenwehr. Was hier ein Gewinn für die bürgerliche Freiheit ist, hat auch eine gravierende Schattenseite.
Von Ralph Studer
Wie Zukunft CH bereits früher berichtete, höhlt die EU-Gesetzgebung mittels „Digital Services Act“ (DSA) gerade das aus, was sie vorgibt zu schützen, nämlich das verfassungsmässige Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit.
Nach Facebook nun auch Google
Umso erfreulicher ist die gegenwärtige Entwicklung. Google wird entgegen den gesetzlichen Bestimmungen in der EU keine Faktenprüfung auf der weltgrössten Suchmaschine und anderen Plattformen (wie YouTube) durchführen. So habe Google der EU bereits mitgeteilt, „dass es trotz der Anforderungen eines neuen EU-Gesetzes keine Faktenüberprüfungen in die Suchergebnisse und YouTube-Videos einbauen oder sie bei der Einstufung oder Entfernung von Inhalten verwenden wird.“ Bereits zuvor hatten die Meta-Plattformen Facebook und Instagram eine Kehrtwende vollzogen und die Zusammenarbeit mit externen Faktenprüfern beendet.
Nie Teil der Google-Praktiken
Google hat die Überprüfung von Fakten nie als Teil seiner Praktiken zur Moderation von Inhalten angesehen. Das Unternehmen hatte den EU-Gesetzgebern privat signalisiert, dass es seine Praktiken nicht ändern werde.
In einem Brief an Renate Nikolay, die stellvertretende Generaldirektorin der Abteilung für Inhalte und Technologie bei der Europäischen Kommission, erklärte Kent Walker, Präsident von Google Global Affairs, dass die im neuen Verhaltenskodex für Desinformation der Kommission geforderte Integration der Faktenüberprüfung „für unsere Dienste einfach nicht angemessen oder effektiv ist“ und dass Google sich nicht dazu verpflichten werde. Damit spricht Google Klartext und erteilt dem EU-Gesetzgeber eine klare Absage.
Ob dieses Verhalten der grossen Tech-Konzerne auch den Ankündigungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, der die Redefreiheit wieder herstellen will, „geschuldet“ ist oder ob diese tatsächlich aus eigenem Antrieb die Meinungs- und Informationsfreiheit stärken wollen, werden die kommenden Monate zeigen.
Vertrauensverlust wäre immens
Was vorliegend eine Stärkung der Meinungs- und Informationsfreiheit bedeutet, hat auch eine erhebliche Kehrseite. Die gegenwärtige Entwicklung zeigt, dass die grossen weltweit tätigen Konzerne ihre Macht ausüben können, um gesetzliche Vorgaben auszuhebeln bzw. sich ihren Verpflichtungen zu entbinden. Zumindest versuchen sie dies aktuell.
Treten verstärkt solche „Machtkämpfe“ zwischen Wirtschaft und Recht/Politik auf, würde die vorgegebene Staats- und Rechtsordnung zunehmend untergraben und die Glaubwürdigkeit der staatlichen Organe in Frage gestellt. Der Vertrauensverlust in den Rechtsstaat und die staatlichen Strukturen wäre immens. Dies wäre die Vorstufe zu einem „staatlichen Gebilde“, das längerfristig droht, anarchistische Züge anzunehmen und ausser Kontrolle zu geraten.