Gleichmachen, was nicht gleich ist. So könnte man die Argumentation des Bundesrates für den Entscheid zusammenfassen, den er am 29. Januar 2025 getroffen hat. Demnach soll das Fortpflanzungsmedizingesetz überarbeitet und die Eizellenspende  legalisiert werden. Somit könnten Paare bei Unfruchtbarkeit darauf zurückgreifen – „analog zur Samenspende“, wie es in einer Medienmitteilung heisst. Doch diese scheinbare Parallele ist keine. Ganz im Gegenteil: Die Tragweite und Tragik dieser Entscheidung ist unfassbar.

Von Ursula Baumgartner

Es scheint so klar: Paare, bei denen der Mann unfruchtbar ist, verhilft man mit einer Samenspende zum gewünschten Kind. Paare, bei denen sich der Kinderwunsch wegen Unfruchtbarkeit der Frau nicht erfüllt, müssen darum eben von Eizellenspende Gebrauch machen dürfen.

Risiken und Nebenwirkungen

Aber so einfach ist es nicht. „Die Eizellstimulation und -entnahme ist ein ungleich grösserer Eingriff in die körperliche Integrität der Frau als eine Samenspende beim Mann“, berichtet Ethikerin Susanne Kummer in der Broschüre „Kind auf Bestellung?“ von Zukunft CH.

Damit mehrere Eizellen heranreifen, braucht es eine mehrwöchige Hormonbehandlung, die massiv in den natürlichen Zyklus eingreift. Dabei kann es zu Komplikationen kommen, die man als Ovarielles Überstimulationssyndrom bezeichnet. Bei der milden Form können die Eierstöcke anschwellen, Gewichtszunahme und Bauchschmerzen sind möglich. Es kann aber auch zu Flüssigkeitsansammlungen im Brust- und Bauchraum, einer starken Vergrösserung der Eierstöcke, Kurzatmigkeit, Übelkeit und Erbrechen und Blutgerinnseln führen. Vernarbungen nach einem operativen Eingriff führen gelegentlich zu Unfruchtbarkeit. Sogar „mehrere Todesfälle nach Eizellenspende wurden publiziert“, warnt Kummer.

Ein Kind ist keine Handelsware

Aufgrund dieser Risiken macht kaum eine Frau ein solches Prozedere durch, ohne sich dafür bezahlen zu lassen. Da in der Schweiz nur wenige Frauen dazu bereit sind, findet das Geschäft v.a. über das Ausland statt. Die EDU Schweiz sieht daher die Gefahr, dass „vorwiegend ärmere Frauen von vermögenden Paaren für die ‚Beschaffung von Kindern‘ bezahlt werden“. Auf diese Weise werde das Kind „zur Ware privilegierter Paare, die Frau zur käuflichen ‚Gebärmaschine‘“.

Auch die Risiken für Frauen, die durch eine Eizellspende schwanger werden, fallen  unter den Tisch. Entgegen der rosigen Vorstellung, sich dadurch auf einfache Weise einen Kinderwunsch erfüllen zu können, droht ihnen „ein bis zu fünffach höheres Risiko für schwerwiegende gesundheitliche Komplikationen als Frauen nach spontaner Schwangerschaft“, weiss Kummer. Viele Frauen empfinden das genetisch nicht mit ihnen verwandte Kind, das sie in sich tragen, als fremd und haben Mühe, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Nach der Geburt leiden Frauen nach Eizellspende deutlich öfter unter postpartaler Depression als Frauen, die ein eigenes Kind zur Welt brachten.

Der Analogieschluss, den der Bundesrat gerne ziehen möchte, ist darum nicht zulässig. Ein Verbot der Eizellenspende ist keine Ungleichbehandlung von Frauen, sondern eine Massnahme zu ihrem Schutz.

Adoptionen nein, Eizellspende ja?

Der Bundesrat geht jedoch noch einen Schritt weiter. Die „Beschränkung (der Eizellspende, Anm.) auf verheiratete Paare“ sei „nicht mehr zeitgemäss“. Sie müsse auch auf unverheiratete Paare ausgedehnt werden. Damit werden die Ehe und die herkömmliche Familie einmal mehr abgewertet.

Und es eröffnet noch ein weiteres Problemfeld: Erst in der vergangenen Woche kündigte Bundesrat Beat Jans an, Adoptionen von Kindern aus dem Ausland künftig verbieten zu wollen. Als Grund nannte er das „Recht auf Kenntnis der Abstammung“. Dieses Recht scheint Kindern aus Ei- und Samenzellspenden nicht zuzustehen.

Was passiert mit den „nicht benötigten“ Embryonen?

Im Zusammenhang mit der Legalisierung der Eizellenspende möchte der Bundesrat auch die sogenannte „12er-Regel“ kippen. Diese legt die Zahl der Embryonen, die maximal in einem Befruchtungszyklus entwickelt werden dürfen, gesetzlich auf zwölf fest. „Überzählige Embryonen“ werden dann eingefroren oder vernichtet.

Laut BAG wurden in der Schweiz allein im Jahr 2022 mehr als 17‘300 Embryonen vernichtet. Neu erzeugt wurden in jenem Jahr gut 35‘600, die Zahl der zuvor eingefrorenen und nun aufgetauten betrug etwa 6100. Somit vernichtete man 2022 mehr als 40 Prozent der Embryonen. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum wurden lediglich 9300 Embryonen einer Frau eingesetzt, also etwa 22 Prozent.

Die Zahl sowohl der erzeugten als auch der vernichteten Embryonen steigt seit Jahren massiv an. Im Jahr 2012 waren es noch 18‘800 erzeugte, dabei aber lediglich knapp 2000 vernichtete Embryonen. 16‘700 Embryonen wurden einer Frau eingesetzt, also fast 90 Prozent der Gesamtzahl.

Ein klarer Sprung ist zwischen 2016 und 2017 zu bemerken, dem Jahr, in dem die Präimplantationsdiagnostik zugelassen wurde. Dass dies die Grenze zwischen Fortpflanzungsmedizin und Eugenik immer dünner werden lässt, zeigt das Bundesamt für Statistik in seinem Überblick über 2021. Bei über 500 vernichteten Embryonen war der Grund eine festgestellte „genetische Anomalie“. Mit anderen Worten: Diese Embryonen wurden aufgrund einer Krankheit vernichtet.

Über 1300 weitere Embryonen fielen der Tatsache zum Opfer, dass ihre Eltern die Behandlung abbrachen. Sie alle wurden einmal gezeugt, um den brennenden Kinderwunsch ihrer Eltern zu erfüllen. Ihre ausgetragenen, geborenen Geschwister sind Wunschkinder. Sie selbst sind nun nichts anderes als Laborabfall. Eine Lockerung oder Aufhebung der „12er-Regel“ wird diese traurige Doppelmoral weiter verschärfen.

Fazit?

Was also bleibt vom Plan des Bundesrates? Er möchte ein Verfahren erlauben, das enorme gesundheitliche Risiken birgt, um sich „den heutigen Gegebenheiten anzupassen“. Dass körperliche Abläufe nicht von gesellschaftlichen Gegebenheiten abhängen, scheint hier nicht ins Gewicht zu fallen.

Gleichzeitig will er eine Grenze in der Fortpflanzungsmedizin einreissen, die bislang für Schadensbegrenzung in diesem Bereich sorgen sollte. Die Folge ist eine weitere Abwertung des vorgeburtlichen Lebens: Noch mehr Embryonen als bisher werden ihr Leben als „Bioabfall“ beenden, bevor es richtig begonnen hat.

Parallel dazu wird die Zahl der Kinder steigen, deren Herkunft einem Mosaik gleicht –sie haben eine genetische Mutter (die Eizellspenderin), eine soziale Mutter, die sie zur Welt gebracht hat, und einen Vater (oder zwei, falls auch eine Samenspende notwendig war). Probleme mit der Identitätsfindung sind bei dieser Splittung vorprogrammiert. Das bestätigt Kummer, denn „unsere leibliche Herkunft zu kennen, ist Teil der Identitätsfindung“. Kann der Bundesrat da wirklich behaupten, das Kindeswohl stehe im Vordergrund?

Er täte gut daran, einen Entscheid zu überdenken, der so viele tragische Folgen nach sich ziehen wird und an so vielen menschlichen Grundfesten rüttelt.

Weiterführendes zum Thema finden Sie in der Broschüre „Kind auf Bestellung? Fortpflanzungsmedizin zwischen Machbarkeit und Kindeswohl“, die Sie über das Bestellformular gratis beziehen können. (Bestellungen aus dem Ausland nur bei Übernahme des Portos.)