Im ehemaligen Sowjetstaat Kirgisistan lässt ein neues restriktives Gesetz dunkle Wolken über der Religionsfreiheit aufziehen. Seit dem 1. Februar 2025 müssen alle religiösen Gemeinschaften streng registriert werden. Ein Schritt, der vor allem christliche Gemeinden ins Visier nimmt. Das neue Gesetz, das am 26. Dezember 2024 vom Parlament verabschiedet und am 22. Januar 2025 vom Präsidenten unterzeichnet wurde, nährt die Befürchtung, dass zahlreiche Kirchen schliessen müssen.
Das neue Religionsgesetz verpflichtet alle religiösen Gruppen zu einer erneuten Registrierung alle fünf Jahre. Um die Zulassung zu erhalten, müssen sie eine hohe Anzahl an Unterschriften ihrer Mitglieder vorlegen. Gemeinschaften mit weniger als 500 erwachsenen Mitgliedern verlieren faktisch ihre legale Existenz. „Ich befürchte, dass viele Gemeinden geschlossen werden“, so ein kirgisischer Protestant. Für viele christliche Gemeinden, die oft in kleinen, vertrauten Strukturen organisiert sind, stellt diese Vorgabe eine nahezu unüberwindbare Hürde dar. Die Anforderungen des Gesetzes bedrohen zudem die Privatsphäre: Viele Christen befürchten, dass durch die Registrierung ihre Daten abgehört und missbraucht werden könnten.
Zahlen, die Alarm schlagen
Laut dem Weltverfolgungsindex der NGO Open Doors hat sich die Lage der Christen in Kirgisistan im vergangenen Jahr dramatisch verschlechtert. Seine Punktzahl im Weltverfolgungsindex stieg um 7,5 Punkte (auf einer Skala mit 100 Punkten), das Land stieg um 14 Ränge auf Platz 47 und kehrte damit zum ersten Mal seit 2013 in die Top 50 zurück. Dies ist die stärkste Verschlechterung der Situation eines Landes in diesem Jahr. Die Lage ist drastisch geworden.
„Bevor Präsident Sadyr Japarow im Januar 2021 an die Macht kam, galt Kirgisistan als das am wenigsten autoritäre Land in Zentralasien“, stellt Rolf Zeegers, Analyst bei World Watch Research, fest. Seitdem hat das Land einen massiven Anstieg von Angriffen auf Kirchen erlebt – von Steinwürfen bis hin zum gewaltsamen Eindringen bewaffneter Gruppen in Gotteshäuser. Die dunklen Schatten dieser Übergriffe breiten sich über das religiöse Leben aus und lassen viele Christen um ihre Sicherheit fürchten.
Besonders hart trifft es ehemalige Musliminnen
In Kirgisistan, wo 86 Prozent der Bevölkerung dem Islam angehören, kommt es zu einer speziellen Form der Diskriminierung. Besonders hart trifft es Frauen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind.
Jan de Vries, Forschungsbeauftragter für Zentralasien bei World Watch Research, berichtet von Fällen, in denen diese Frauen „von ihren Ehemännern geschlagen und bedroht werden. In mehreren Fällen wurden sie mit ihren Kindern aus ihren Häusern vertrieben“. Unverheirateten Frauen droht zudem der Ausschluss aus Familie und Gesellschaft, sollten sie an ihrem neuen Glauben festhalten.
Der Untergrund als letzter Zufluchtsort
Angesichts der drastischen Anforderungen des neuen Gesetzes und der zunehmenden gesellschaftlichen Verfolgung finden viele Christen, insbesondere jene mit muslimischem Hintergrund, nur noch im Untergrund Zuflucht. Der Grund sei, dass „sie Angst davor haben, von ihren muslimischen Familien, der muslimischen Gesellschaft, aber auch von der Regierung verfolgt zu werden“, so de Vries abschliessend.
Das neue Gesetz in Kirgisistan verstärkt die staatliche Kontrolle über religiöse Ausdrucksformen massiv. Mit restriktiven Massnahmen, die den Glauben vieler Christen bedrohen, wird die Religionsfreiheit eingeschränkt. Die alarmierenden Zahlen des Weltverfolgungsindex und die Berichte über Gewalt und Diskriminierung malen ein düsteres Bild von einem Land, in dem der Glaube unter Druck steht. In den heimlichen Versammlungen der Hauskirchen liegt jedoch noch ein Funken Hoffnung: dass sich der Glaube trotz aller Widrigkeiten nicht so leicht unterkriegen lässt.