Längst finden auf der ganzen Welt Bekenntnismärsche für das Leben statt. In Paris waren es dieses Jahr 40’000 Teilnehmer, in Washington 400’000. Einen guten Start gab es auch in der Schweiz. Am ersten „Marsch für’s Läbe“ durch das Zürcher Stadtzentrum letzten Herbst beteiligten sich knapp 800 Personen. Von diesem eindrücklichen Erlebnis bewegt gehen die Initiatoren am 17. September 2011 wieder für das uneingeschränkte Lebensrecht auf die Strasse. Das diesjährige Motto: „Auch Behinderte wollen leben!“
Trotz grosser medizinischer Fortschritte werden immer häufiger Kinder mit einer Behinderung (z.B. Down Syndrom, Spina Bifida, fehlende Extremitäten) vor der Geburt abgetrieben. Zudem hat eine Mehrheit des National- und Ständerates dafür gestimmt, im Reagenzglas befruchtete Eizellen auf genetische Defekte zu untersuchen, bevor sie einer Frau eingepflanzt werden (sog. Präimplantationsdiagnostik PID). So will man sich die Möglichkeit sichern, behinderte Menschen frühzeitig „auszusortieren“. Die Folge: Der Druck auf die Krankenversicherten wächst immer mehr, nur noch gesunde Kinder zu gebären. Schon jetzt kämpfen Eltern gegen den Vorwurf der „Verantwortungslosigkeit“, wenn sie sich dafür entscheiden, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen.
In Deutschland bekannte kürzlich der neue Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery: „Ich bin ein Gegner der bewussten Selektion durch den Menschen nach willkürlich aufgestellten Kriterien. Wir leben in einer Welt der Salami-Taktik, wo Stückchen für Stückchen abgeschnitten wird. Heute werden 95 Prozent der Kinder mit Down-Syndrom abgetrieben.“
Vorgeburtliche Selektion: Der Mensch nur als Kostenfaktor?
Der Marsch für s’Läbe 2011 greift dieses Thema der vorgeburtlichen Selektion auf und möchte dazu verhelfen, dass auch behinderte Menschen wieder das Recht bekommen, das Licht der Welt zu erblicken. „Gerade erst meldete die Tagespresse, dass Eltern, die sich für die Geburt eines bekanntlich behinderten Kindes entschieden haben, keine Spitex-Zulagen für die Betreuung zuhause mehr erhalten sollen. So will man mit vorgeburtlichen Untersuchungen die Geburt ‚invalider‘ Kinder möglichst verhindern; sie stellen in einer sozial und finanziell überforderten Gesellschaft nur noch einen Kostenfaktor dar!“, berichtet der Präsident des Organisationskomitees vom Marsch für s’Läbe, Daniel Regli, und weist auf einen eigenartigen Widerspruch hin: „Es ist paradox. Behinderten-Organisationen machen Werbung, mit welcher sie die Identität und Lebensqualität behinderter Menschen hochleben lassen. Wenn jedoch Menschen vor ihrer Geburt auf Grund einer Behinderung liquidiert werden, schweigen die meisten dieser Organisationen. Der Marsch für s’Läbe wird gegen diesen Trend der Rassenhygiene vehement Stellung beziehen.“
Beim diesjährigen Marsch für s’Läbe soll betroffenen Eltern, Ärzten, Sozialarbeitern und Pflegern Mut gemacht werden, sich für das Leben zu entscheiden. An der Kundgebung werden auch Personen zu Wort kommen, die heute nur mehr geringe Chancen hätten, den Mutterleib lebendig zu verlassen. Sie und ihre Angehörigen berichten von Freuden und Leiden aus ihrem Leben. Anschliessend ziehen die Teilnehmenden, begleitet durch den Powersound einer 50-köpfigen Steelband, durch das Zürcher Stadtzentrum. Der Marsch soll der Öffentlichkeit in Erinnerung rufen, dass alles Leben vom Mutterleib bis zum Sterbebett uneingeschränkt schützenswert ist. Der Anlass endet mit einem überkonfessionellen Gottesdienst wiederum auf dem Helvetiaplatz.
Leben uneingeschränkt schützenswert
„Alle Menschen haben ihre behindernden Grenzen. Wenn unser Volk jenen mit einer offensichtlichen Behinderung das Lebensrecht verweigert, machen wir uns schuldig und geben der Zerstörung Raum.“, betont Regli. Zukunft CH, auch in diesem Jahr wieder Mitträger des „Marsch für s’Läbe“, ruft alle Menschen auf, sich am 17. September 2011 an dem Marsch zu beteiligen. Mehr Infos und eine Charta zum Unterschreiben finden Sie unter unter: www.marschfuerslaebe.ch.
Marsch für s’Läbe 2011: Programm
14.00 Uhr: Kundgebung, Helvetiaplatz Zürich: kurze geistliche und politische Inputs, Kurzreferat von alt NR Christian Waber, EDU, Lebensberichte von Personen mit einer Behinderung und betroffenen Eltern, Musik mit Rapper Sent, Mario Schaub und der Steelband der IEG Church Rümlang „Samba Shine Jesus“
15.00 Uhr: Marsch durch das Zürcher Stadtzentrum: 1. Teil: Trauermarsch für Kinder, denen das Leben verweigert wurde; 2.Teil: Buntes, fröhliches Bekenntnis zum Leben für Jung und Alt
16.15 Uhr: Gemeinsames Bekennen der Charta für s’Läbe
16.30–17.15 Uhr: Überkonfessioneller Gottesdienst, Helvetiaplatz Zürich: mit Pfr. Michael Herwig, Stiftung Schleife, Winterthur, und Pfr. Dr. Roland Graf, Alpthal SZ
www.marschfuerslaebe.ch
Beatrice Gall