Im Schatten des links-liberal motivierten Terrors gegen das ungeborene Leben erscheint die Empörung Europas über den islamistischen Terror geradezu als Heuchelei.
Von Dominik Lusser
Die Empörung über die islamistischen Terroranschläge von Paris am 7. und 9. Januar 2015 war enorm. Am Gedenkmarsch vom 11. Januar nahmen Regierungsvertreter aus 40 Ländern und 1,5 Millionen Bürger teil, so viele wie nur ganz selten zuvor an einer Kundgebung in Frankreich. Die westliche Welt zeigte sich wieder einmal von ihrer Sonnenseite. Diese steht für Freiheit, Toleranz und Menschenrechte. Für Terroristen, die diese Werte bedrohen, gibt es kein Pardon. Doch so einfach, wie diese perfekt inszenierte Selbstdarstellung der westlichen Welt als Fürsprecherin unschuldiger Opfer vermuten lässt, ist es nicht. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt ein ganz anderes Bild. Im Schatten des links-liberal motivierten Terrors gegen das ungeborene Leben erscheint die Empörung über den islamistischen Terror geradezu als Heuchelei.
Das effizienteste Terror-Netzwerk der Welt
Am 22. Januar jährte sich zum 42. Mal die Legalisierung der Abtreibung in den USA, die 1973 als Vorreiter der westlichen Welt die Tötung ungeborener Kinder im Mutterleib für legal erklärt hat. Zuvor war Abtreibung nur im kommunistischen Osten straffrei gewesen, der allerdings zweifellos als geistiges Produkt des Westens betrachtet werden muss.
Seither hat der Westen die Abtreibungsindustrie zum höchst entwickelten und effizientesten Terror-Netzwerk entwickelt, das die Welt je hervorgebracht hat. Seit 1980 sind weltweit 1,3 Milliarden Kinder diesem Terror zum Opfer gefallen. In den USA sind es seit 1973 57 Millionen, von denen 6,6 Millionen auf das Konto der Planned Parenthood Federation of America (PPFA) gehen, die in den Vereinigten Staaten 700 Abtreibungskliniken betreibt. Deren Dachorganisation, die International Planned Parenthood Federation (IPPF) agiert in weit über 100 Ländern weltweit und ist die finanzstärkste Lobby-Organisation auf UN-Ebene. Der Schweizer Ableger Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGS) betreibt zwar selbst keine Kliniken, ist aber mit der Koordination eines Netzwerkes von sogenannten Beratungsstellen für „sexuelle und reproduktive Gesundheit“ fester Bestandteil des hiesigen „Vernichtungs-Systems“, das jährlich ca. 11’000 unschuldige Kinder ans Messer liefert. SGS ist in der Schweiz auch offiziell mit der Aufgabe betraut, Teenager durch schulische Sexualerziehung auf ihr „Recht“ auf Abtreibung einzuschwören.
Doch zurück nach Frankreich. Dort feierten links-liberale Kreise am 17. Januar 40 Jahre straffreie Abtreibung. In diesem Zeitraum hat die „Grande Nation“, die sich gerne als Erfinderin des bürgerlichen Gesetzbuches und Begründerin der modernen Menschenrechtstradition rühmt, in Kliniken und Arztpraxen acht Millionen ungeborene Kinder hinrichten lassen. Allein am 7. Januar 2014, dem Tag des Anschlags auf „Charlie Hebdo“, sind in Frankreich in aller Stille und abseits jeder medialen Aufmerksamkeit gegen 600 Kinder umgebracht worden. Die in unseren westlichen Ländern bis ins Detail durchorganisierte Tötungsmaschinerie der Abtreibung ist für unsere Gesellschaft zur Normalität, ja zur Bagatelle geworden.
Demokratisch und „wissenschaftlich“ legitimiert
Der Gipfel des Grotesken der Abtreibungsindustrie zeigt sich aber – noch mehr als in der Zahl der Opfer und dem hohen Organisationsgrand – in seiner dreifachen „Legitimierung“. Erstens haben alle westlichen Staaten die Straffreiheit der Abtreibung demokratisch beschlossen. Zweitens versucht der Westen gerade jetzt mit Hilfe von EU und UNO, aus der Straffreiheit der Abtreibung ein weltweit gültiges „Menschenrecht“ zu machen. Und schliesslich liefern unsere renommiertesten Universitäten, Ethikinstitute und Kommissionen auch noch „wissenschaftliche“ Begründungen, die dieses Verbrechen rechtfertigen sollen.
Alles gerade Ausgeführte soll keineswegs die Schuld im Namen des Islam agierender Terroristen schmälern. Doch es macht deutlich, dass der Westen mit der Aufgabe der Vernunft das entscheidende Mittel und das Recht aus der Hand gegeben hat, den islamischen Terror auch nur zu kritisieren. Werden dem Mehrheitsprinzip nicht durch die bedingungslose Anerkennung unmittelbar einleuchtender Grundwerte wie das Lebensrecht jedes Menschen Grenzen gesetzt, bietet es keinerlei Schutz gegen institutionalisierte Unterdrückung von Minderheiten. Ob Terror demokratisch oder durch das vermeintliche Wort Gottes im Koran „legitimiert“ ist, spielt für die jeweiligen Opfer nämlich keinerlei Rolle. Gelten ferner Menschenrechte nicht als objektiv gültig, sondern als beliebig manipulierbar, wie dies bei der willkürlichen Unterordnung des Lebensrechts unter das Selbstbestimmungsrecht der Frau geschieht, kann islamischen Staaten nichts vorgeworfen werden, die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nur unter dem Vorbehalt des Vorrangs der Scharia zu akzeptieren. Schliesslich sind Theorien, welche dem vermeintlichen „Zellhaufen“ im Mutterleib, dem „lebensunwerten“ Leben eines behinderten Kindes im neunten Monat der Schwangerschaft oder gar dem noch nicht sozialisierten Neugeborenen das unbedingte Lebensrecht absprechen, um nichts wissenschaftlicher als der Glaube, Nicht-Muslime wären keine vollständigen Menschen.
Am Anfang: „La grande Terreur“
Die demokratische Ordnung ist kein Garant für Gerechtigkeit. Dies zeigt sich seit ihren Anfängen bei der Französischen Revolution, auf die sich Liberale wie Linke gerne als Geburtsstunde des modernen Europas berufen. Gerade der damals verübte „Terreur“ – welcher seine Enthauptungsmaschinerie noch weit effizienter betrieb als der „Islamische Staat“ (IS) – war so traumatisierend und angsteinflössend, dass die Franzosen seither in der Aussprache das „r“ nicht mehr zu rollen wagen.
Die freiheitliche Demokratie des Westens lebt von Voraussetzungen, die durch das System selbst nicht garantiert werden können. Dazu gehört eine die Vernunft respektierende Weltanschauung, welche bleibende Wahrheiten über den Menschen anerkennt. Jedes andere geistige Fundament macht die Rede über Menschenrechte und Toleranz zu ideologischer Propaganda. Der tiefste Grund aber, warum Europa die Vernunft beschnitten und zum Handlanger einer „Kultur des Todes“ erniedrigt hat, liegt wohl im schwindenden Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem christlichen Gott, der im Unterschied zum willkürlichen Herrscher und Rächer Allah nicht nur die Liebe, sondern auch der Logos (die Vernunft) selbst ist.