Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, verurteilte ein ägyptisches Gericht in Minya am 25. Februar 2016 vier koptische Schüler zu fünfjährigen Haftstrafen wegen „Missachtung des Islams“. Albert Ashraf, Bassem Amgad Hanna, Muler Atef Daoud und Clinton Magdi Youssef hatten am 7. April 2015 mit ihren Mobiltelefonen einen Film von nur 37 Sekunden aufgenommen und über Facebook geteilt, der eine Hinrichtung durch den „Islamischen Staat“ parodiert. Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM, verurteilte das Urteil gegen die Jugendlichen als „grotesk unangemessen“. Die Frankfurter Menschenrechtsorganisation tritt für die Abschaffung des Blasphemie-Gesetzes ein.
Drei der Schüler seien bereits 18 Jahre alt und sollen ihre Haftstrafe in einer gewöhnlichen Haftanstalt antreten, der noch minderjährige Clinton Magdi soll seine Strafe in einer Jugendhaftanstalt verbüssen. Laut IGFM stellt Artikel 98f. des ägyptischen Strafgesetzbuches die Missachtung oder Abwertung der „himmlischen Religionen“ unter Strafe – gemeint sind Islam, Christentum und Judentum. Religionslosigkeit und alle anderen Religionen seien in Ägypten de facto verboten. Das mögliche Strafmass bewege sich zwischen einer Geldstrafe von mindestens 500 ägyptischen Pfund, umgerechnet rund 60 Euro/66 Franken, etwa einem niedrigen örtlichen Monatslohn, und einer Haftstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.
Die IGFM fordert die sofortige und bedingungslose Aufhebung der Urteile. „Die Schüler haben nichts weiter getan, als ihr Menschenrecht auf freie Meinungsäusserung auszuüben. Sie deshalb zu einer langjährigen Haftstrafe zu verurteilen, verletzt internationale Menschenrechtsverträge. Das Urteil ist ein neuer Beweis für den Missbrauch der Blasphemie-Gesetzgebung“, so Lessenthin.
Die IGFM fordert die Regierungen der EU-Staaten auf, die kulturübergreifenden Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen offensiver zu verteidigen. Weltweit würden die Rechte von Millionen von Menschen durch Islamisten ausgehöhlt und verletzt. Wer Symbole des Islam oder das islamische Recht kritisiere, dem drohten lange Haftstrafen oder Hinrichtung wegen „Beleidigung des Islams“ oder „Blasphemie“. Die weltweite Abschaffung aller „Blasphemie-Gesetze“ wäre ein Meilenstein für den Schutz von Minderheiten und Andersdenkende, erklärte die Menschenrechtsorganisation.
Medhat Klada, Vorsitzender des koptischen Dachverbandes European Union of Coptic Organizations for Human Rights (EUCOHR), fordert laut IGFM die Abschaffung dieses Gesetzes, das in seiner Umsetzung ganz klar die koptische Minderheit Ägyptens diskriminiere. „Das Gesetz wird nahezu ausschliesslich gegen Christen und andere Nichtmuslime angewandt“, erläuterte Klada.
Artikel 98f des ägyptischen Strafgesetzbuches werde umgangssprachlich auch als Ägyptens „Blasphemie-Gesetz“ bezeichnet, so IGFM. Es sei 1982 in das ägyptische Strafgesetzbuch aufgenommen worden. Obwohl das Gesetz eigentlich für alle Religionen Gültigkeit habe, werde es in der Praxis nahezu ausschliesslich gegen Atheisten, Christen oder Andersgläubige, jedoch kaum gegen Muslime angewandt. Bereits unter dem früheren Diktator Mubarak sei Art. 98f von den Behörden dazu benutzt worden, religiöse Minderheiten und unbequeme Dissidenten sowie Künstler zu diskriminieren und zu unterdrücken.
Weitere Informationen zum Thema Blasphemie:
http://www.igfm.de/blasphemie-und-beleidigung-des-islam/