Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) beklagt eine spürbare Zunahme von Angriffen auf unverschleierte Frauen in Ägypten. Die Täter seien in der Regel Islamisten, die Frauen und Mädchen beschimpfen und immer öfter auch tätlich angreifen. Vergangenen Donnerstag wurde die 23-jährige Esraa Mohamed in der Kairoer Innenstadt sogar Opfer eines Säureangriffs. Nach Angaben der IGFM erlitt Sie schwere Verletzungen. Islamisten rechtfertigten den Anschlag auf Facebook damit, dass sie es verdient habe, da sie unverschleiert und Atheistin gewesen sei.
Gewalt gegen Frauen in der Öffentlichkeit hatte in Ägypten nach der Revolution gegen die Diktatur Mubaraks stark zugenommen – unabhängig davon, ob sie verschleiert waren oder nicht. Der Oberste Militärrat, der die Macht übernommen hatte, versuchte, Frauen von der Teilnahme an Demonstrationen abzuschrecken. Internationale Aufmerksamkeit erregten erzwungene „Jungfräulichkeitstests“ durch das Militär im Frühjahr 2012.
Mit der Machtübernahme der Muslimbruderschaft im Juni 2012 nahm die Gewalt gegen Frauen in der Öffentlichkeit noch einmal stark zu. Islamisten versuchten ihre Vorstellungen von „islamischer“ Kleidung und Verhalten mit Einschüchterungen und mit körperlicher Gewalt durchzusetzen. Nach der Entmachtung der Muslimbrüder im Juni 2013 war die Gewalt gegen unverschleierte Frauen, aber auch gegen Christen noch einmal sprunghaft angestiegen, so die IGFM. Anhänger der Muslimbruderschaft hatten über fünfzig Kirchen schwer beschädigt oder niedergebrannt.
Nach der Verhaftung zahlreicher Führungspersonen der Bruderschaft ließen auch die Angriffe auf Frauen graduell nach. Islamisten zeigten aber inzwischen wieder eine stärkere öffentliche Präsenz. „Die Leidtragenden sind zu allererst wieder die Frauen“, erklärte IGFM Vorstandssprecher Martin Lessenthin. Inzwischen habe sich Gewalt gegen Frauen zu einem schwerwiegenden kulturellen Problem entwickelt. Häusliche und öffentliche Gewalt gegen Mädchen und Frauen bliebe weitgehend straflos. Die unzureichenden, bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten würden von den Behörden bei weitem nicht ausgeschöpft. Zudem verfestige die ägyptische Unterhaltungsindustrie frauenfeindliche Stereotype noch, kritisierte die IGFM. In Seifenopern würde Gewalt gegen Frauen verharmlost und sogar gerechtfertigt.
Medienmitteilung IGFM