In der Schweiz wachsen schätzungsweise 100’000 Kinder in einem Elternhaus auf, das von Alkohol oder anderen Substanzen schwer belastet ist. Doch das Umfeld kann diese Kinder unterstützen, wie eine neue Broschüre zeigt. Die jährliche, von Sucht Schweiz koordinierte Aktionswoche findet heuer vom 13. bis zum 19. März statt und hat die Interventionsmöglichkeiten der Nahestehenden zum Thema. Zahlreiche Organisationen in 13 Kantonen führen hierzu rund 30 öffentliche Aktionen durch. Zudem stellen ehemalige Betroffene ihre Berichte zur Verfügung.
Die diesjährige Aktionswoche steht unter dem Motto „Was kann das Umfeld tun?“. Denn die Bevölkerung kann die Augen offenhalten und dazu beitragen, dass betroffene Kinder Halt und Unterstützung finden. Zahlreiche Aktionen in den Regionen sowie die neue Broschüre befassen sich mit diesem Thema. Letztere gibt Menschen im Umfeld Anleitung, wie mit betroffenen Eltern und Kindern das Gespräch gesucht werden kann und wie man für betroffene Kinder da sein kann. Gleichzeitig wird gezeigt, welche Instanzen im Notfall helfen.
„Das Kind soll geschützt werden. Vertraut es sich Ihnen an, betrachten sie dies als Geschenk, nicht als Belastung… Erkennen sie ein kindliches Leiden, ein Flehen, ein wortloses Signal. Hören Sie hin. Setzen Sie sich damit auseinander, auch auf die Gefahr hin, dass gar nichts ist. Lieber einmal zu oft Unterstützung anbieten als einmal zu wenig“, erklärt Marc (Pseudonym), der bei Eltern mit einer Suchterkrankung aufwuchs.
Situation der Kinder von Eltern mit Suchterkrankung
Wenn ein Elternteil suchtkrank ist, leidet die ganze Familie darunter. Für die Kinder bedeutet dies oftmals, dass das Familienklima angespannt, konfliktbeladen und unberechenbar ist. Sie sind täglich mit Angst, Scham, Schuldgefühlen, Unsicherheit und nicht zuletzt mit Isolation konfrontiert.
„Da man in einem Dorf wohnt, weiss man sehr gut, dass ‚jeder Bescheid weiss‘. Meine Mutter war oft krank, oft abwesend, verlor mehrere Jobs und häufte Schulden an, bis sie schliesslich die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Schliesslich musste sie sich an das Sozialamt wenden. Als Erwachsene blicke ich mit Bitterkeit auf diese Zeit zurück, vor allem gegenüber den Erwachsenen, die mich damals umgaben. Nur sehr wenige kümmerten sich um das, was ich durchmachte. Ich war brav und schulisch erfolgreich, also ‚warum sich Sorgen machen‘“, berichtet Aline (Pseudonym), 34 Jahre, die bei ihrer alkoholabhängigen Mutter aufwuchs.
Kinder aus suchtbelasteten Familien lieben ihre Eltern und wollen sie schützen. Umgekehrt wollen auch suchtkranke Eltern gute Eltern sein und verheimlichen aus Angst und Scham oft ihre Probleme. Deshalb bleibt die schwierige familiäre Situation meist geheim und die Kinder tragen die Last dieses Geheimnisses während der ganzen Kindheit. Ihr Leiden wird deshalb oft nicht erkannt.
Auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene
Die Aktionswoche ist auch Teil einer internationalen Bewegung: Verschiedene Länder wie Deutschland, Grossbritannien, Irland, Finnland, Slowenien, USA, Südkorea und Indien führen z.T. seit mehreren Jahren eine solche Aktionswoche durch. In der Schweiz beteiligen sich zahlreiche Organisationen und führen in 13 Kantonen öffentliche Aktivitäten durch. Eine Liste der knapp 30 Aktivitäten und der Organisatoren finden Sie hier: Liste der regionalen Aktivitäten und Organisationen
Quelle: Sucht Schweiz, weitere Infos sowie Betroffenenberichte unter der Kampagnenwebsite: Kinder von suchtkranken Eltern