An einer Versöhnungsfeier am 20. April 2019 zwischen den Mennoniten der Schweiz und der Regierung des Kantons Bern in Tavannes, haben die Mennoniten der Berner Kantonsregierung Vergebung ausgesprochen für das Leid, das ihren Vorfahren, den Täufern, vom 16. bis 18. Jahrhundert zugefügt worden war. Die historische Friedenskirche antwortete damit auf eine Bitte um Verzeihung, die der damalige Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus und Kirchendirektor am 11. November 2017 stellvertretend ausgesprochen hatte. Der Versöhnungsschritt reiht sich ein in die offiziellen Versöhnungsschritte, die bisher zwischen der reformierten Kirche und den Mennoniten gemacht wurden, heisst es in einer Medienmitteilung der Mennoniten.
Bitte um Verzeihung sorgfältig gewürdigt
„Wir haben uns sehr über die Bitte um Verzeihung gefreut. Sie zu würdigen und einzuordnen hat etwas Zeit gebraucht, die wir uns auch genommen haben“, sagte Jürg Bräker, Generalsekretär der Konferenz der Mennoniten der Schweiz. Seit November 2017 habe es verschiedene Gespräche innerhalb der Gemeinschaft der Schweizer Mennoniten gegeben sowie mit der Regierung des Kantons Bern. Diese hätten in die Versöhnungsfeier vom 20. April gemündet.
Die Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) hält in einer Erklärung an den Regierungsrat des Kantons Bern anlässlich der Versöhnungskonferenz fest, dass sich auch Mennoniten schuldig gemacht hätten, weil „die Suche nach Lebens- und Gemeinschaftsformen, die sich am Leben Jesu orientieren, in manchen Fällen auch zu selbstgefälliger Besserwisserei und ungerechtfertigten Ansprüchen moralischer Überlegenheit geführt haben“. Mit dem Zuspruch der Vergebung verpflichteten sie sich, die Auswirkungen einer nonkonformistischen Haltung kritisch zu hinterfragen und bei «der Darstellung vergangener Konflikte problematische Aspekte der eigenen Haltung nicht zu verdecken», und Absichten der damaligen Handlungsträger möglichst wahrheitsgetreu darzustellen.
Unrecht, das bis heute Spuren hinterlässt
An der Feier nahmen unter anderen der Berner Regierungspräsident Christoph Neuhaus, Beauftragter für kirchliche Angelegenheiten in der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion, Martin Koelbing, Vorstand der Konferenz der Mennoniten der Schweiz sowie Vertretern aus den dreizehn Mennonitengemeinden in der Schweiz teil.
In seiner Rede benannte Regierungspräsident Christoph Neuhaus die damalige Verfolgung als Unrecht, das bis heute Spuren bei den Nachkommen der Betroffenen hinterlässt und betonte die Wichtigkeit des Erinnerns. Er wiederholte die Bitte um Verzeihung gegenüber den anwesenden Mennonitengemeinden, worauf diese in ihrer Erklärung antworteten: „Ja, wir vergeben.“
Wegen Kritik an Allianz zwischen Kirche und Staat verfolgt
Die Mennoniten sind aus der Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts entstanden. Die Täufer waren Teil der Reformationsbewegung und vertraten damals ganz ähnliche Anliegen wie die Reformatoren. Sie hatten aber eine andere Meinung, wie und wie schnell die Neuerungen umgesetzt werden sollten. Zudem schwebte den Täufern im Gegensatz zu den Reformatoren eine Kirche vor, die unabhängig vom Staat ist und auf freiwilliger Mitgliedschaft basiert. Auf die Ausbreitung der Täuferbewegung reagierten die staatlichen und kirchlichen Obrigkeiten auch im Kanton Bern mit Repression und Verfolgung.
Einer von vielen Versöhnungsschritten
Der Versöhnungsschritt zwischen Mennoniten und Berner Regierung reiht sich ein in die offiziellen Versöhnungsschritte, die bereits zwischen den Mennoniten und der reformierten Kirche unternommen wurden. Hanspeter Jecker, Historiker und Spezialist für Täufergeschichte, ordnete diese in seiner Ansprache in die grösseren Zusammenhänge ein. „Die Mennonitinnen und Mennoniten in der Schweiz hoffen, dass diese Schritte der Versöhnung kooperative Kräfte des Friedens und der Gerechtigkeit freisetzen, die unserem Lande zugutekommen und über seine Grenzen hinauswirken werden“, sagte Jürg Bräker, Generalsekretär der Konferenz der Mennoniten der Schweiz.
Mennoniten der Schweiz
Die KMS schreib auf ihrer Webseite: „Zur Konferenz der Mennoniten der Schweiz gehören dreizehn Gemeinden, verteilt auf die Regionen Jura, Bern, Emmental und Basel. Sie zählen zusammen rund 2.300 Mitglieder. Die Gemeinden sind in Organisation und Lehre unabhängig.“
Quelle: APD