In einem Interview mit der Debattenplattform für Fragen internationaler und europäischer Politik (IPG) spricht Dänemarks Migrationsminister, Kaare Dybvad Bek, über die Migrationspolitik seines Landes. Besonders betont er dabei die Dramatik der aktuellen Lage an den Aussengrenzen der EU.

Die Zahl der irregulären Einreisen sei höher als 2015, was gravierende Auswirkungen auf die Staaten und Kommunen habe, berichtet Bek. In Österreich beispielsweise habe in den vergangenen zwei Jahren rund 170’000 Asylanten verzeichnet. Das führte zu einer Überlastung des Systems. Auch Belgien, die Niederlande, die Schweiz und Deutschland seien stark betroffen. Bek unterstreicht, dass solche Zahlen auf lange Sicht nicht tragbar seien, wenn man den Menschen angemessene Unterbringung, Bildung und Zugang zum Arbeitsmarkt bieten wolle.

„Anti-Ghetto-Gesetz“ und dessen Folgen

2018 wurde in Dänemark ein Gesetz verabschiedet, das als „Anti-Ghetto-Gesetz“ bekannt wurde. Es zielt darauf ab, den Anteil von Menschen „nichtwestlicher Herkunft“ in bestimmten Gebieten auf unter 30 Prozent zu reduzieren. Bek stellt klar, dass der Begriff „Ghetto“ 2019 von den Sozialdemokraten gestrichen wurde. Positive Entwicklungen zeichneten sich bereits ab. In Kopenhagen wurde der Anteil derjenigen, die nicht im Arbeitsmarkt integriert sind, von 40 auf 21 Prozent gesenkt. Dies habe enorme positive Auswirkungen auf die lokalen Gemeinschaften. Es sei wichtig, dass Kinder in diesen Gebieten unabhängig von ihrem Hintergrund gute Zukunftsperspektiven haben.

So werde in vielen Städten in soziale Programme investiert, um die Lebensbedingungen zu verbessern. In Kopenhagen würden Schulen in instabilen Stadtteilen gezielt gefördert und erhielten pro Kind doppelt so viel Geld wie Schulen in wirtschaftlich besseren Vierteln. Es gehe darum, die nächste Generation zu unterstützen und ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Bek weist die Kritik am Gesetz als „bürgerliche, sozialistische Sicht der Dinge“ zurück. Viele Kritiker lebten in gut situierten Stadtvierteln und verstünden nicht, dass die Integration in anderen Gebieten eine grosse Belastung sei. Vor allem die Arbeiterviertel müssten den Preis für eine liberale Migrationspolitik zahlen.

Wandel der sozialdemokratischen Migrationspolitik

Bek beschreibt 2015 als entscheidendes Jahr für die Sozialdemokraten und die politische Landschaft in Dänemark. Die hohen Flüchtlingszahlen hätten „ein Gefühl von Kontrollverlust vermittelt“. Es sei wichtig, den Aufenthalt von Zuwanderern zu befristen und Menschen zurückzuschicken, die keinen internationalen Schutz mehr benötigten. Die Sozialdemokraten haben laut Bek viele Massnahmen ergriffen, um die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern. Auch die Rückführungspolitik sei wirksamer geworden. Es sei zentral, dass demokratische Grundsätze eingehalten werden und Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus aus dem Land ausreisten.

Bek sieht die restriktive Migrationspolitik als Erfolg. Während es Deutschland schwerfällt, hochqualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen, gelinge dies in Dänemark mit Zuwanderern aus Ländern wie Rumänien, Polen, Spanien und Indien. „Bei uns gibt es eine Grenze, die bei einem Mindestjahresgehalt von 50‘000 Euro liegt. Wer aus einem Nicht-EU-Land kommt und ein Einkommen von weniger Einkommen als 50‘000 Euro hat, bekommt keine Aufenthaltserlaubnis. Damit wollen wir Konkurrenz bei gering qualifizierten Beschäftigungen verhindern. Wir versuchen, Hochqualifizierte anzuziehen, und das gelingt uns gegenwärtig“, erklärt Bek.

Die deutsche Migrationsdebatte

Bek empfiehlt, die Migrationsdebatte unter sozialen Aspekten zu führen. Die Hauptleidtragenden unkontrollierter Zuwanderung seien die Menschen am unteren Ende der Gesellschaft. Wichtig sei, dass demokratische Regeln eingehalten werden und Menschen ohne Recht auf Aufenthalt das Land verliessen. Nur durch eine solche Kontrolle könne eine offene und seriöse Diskussion darüber geführt werden, wie viele Geflüchtete ein Land verkraften kann

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