„Wir leben in einem Paradies und sind es uns oft gar nicht bewusst. Ich glaube, wir müssen wieder lernen und schätzen, wie gut wir es in der Schweiz haben“, sagt der Aargauer Grossrat Daniele Mezzi. Der Präsident der Mitte-Partei des Bezirks Laufenburg hat dabei als Unternehmer nicht nur den Blick auf eine innovative Wirtschaft, sondern auf zukunftsfähigen Werten, allem voran in der Familienpolitik. Im Interview mit Beatrice Gall von Zukunft CH plädiert er für eine Schweiz, die ihre christlichen Werte und Familienpolitik neu belebt.
Zukunft CH: Herr Mezzi, Sie sind in der Altersberatung und -betreuung aktiv und setzen sich auch politisch für die Stärkung der Familienwerte ein. Was ist Ihre Hauptsorge in Bezug auf die Familienpolitik in der Schweiz?
Mezzi: Meine grösste Sorge ist, dass in unserer schnelllebigen und oberflächlichen Gesellschaft die zentralen Werte unserer christlichen Tradition, besonders im Bereich der Familie, immer mehr in den Hintergrund rücken. Meine Vorfahren kommen ursprünglich aus Italien, einem Land, in dem die Familie noch einen sehr hohen Stellenwert hat. Ähnliche Tendenzen sieht man in vielen anderen Ländern, aber in der Schweiz scheint dies je länger, je mehr verloren zu gehen. Es stellt sich die Frage: Liegt das an unserem Wohlstand? Beeinflussen uns Social Media und der Mainstream so stark, dass die Familienwerte verwässern?
In Zeiten, in denen Armut und Kriege weltweit wieder zunehmen, ist es wichtiger denn je, dass wir uns auf unsere familiären und christlichen Werte besinnen. Diese Werte wurden uns von unseren Grosseltern vermittelt und sollten auch für die nächsten Generationen zentral bleiben. Dazu gehört, dass wir die Schwächeren in der Gesellschaft unterstützen, für unsere Nächsten da sind und den Gemeinschaftssinn stärken. Das betrifft nicht nur die eigene Familie, sondern auch die Nachbarschaft, ältere Menschen oder Menschen, die alleine sind und Unterstützung benötigen.
Zukunft CH: Wie sieht es in der Schweiz mit der Einsamkeit aus, insbesondere bei älteren Menschen?
Mezzi: Einsamkeit ist ein ernstes Problem in der Schweiz. Laut einer aktuellen Studie von Pro Senectute leben etwa 24 Prozent der 65- bis 74-Jährigen einsam, und viele von ihnen leiden unter Einsamkeit. Diese Menschen sind oft nicht freiwillig allein, sondern weil sie keinen Anschluss in der Gesellschaft finden. Freunde und Familie sind gestorben oder der Kontakt ist abgebrochen. Es ist erschütternd zu sehen, dass in einem so wohlhabenden Land wie der Schweiz Menschen vereinsamen. Christliche Nächstenliebe bedeutet für mich, dass wir diesen Menschen beistehen und ihnen das Gefühl von Gemeinschaft zurückgeben. Alles andere ist nicht das Vermächtnis, das unsere Vorfahren für uns erarbeitet haben.
Zukunft CH: Worin sehen Sie die Ursachen dieser gesellschaftlichen Veränderungen?
Mezzi: Ein wichtiger Faktor ist die zunehmende Diversität an Bräuchen und Kulturen, die durch die Migration in die Schweiz gekommen sind. Eine gesunde Migration ist zweifellos wichtig für ein Land wie die Schweiz. Doch wir brauchen klare Grenzen, insbesondere eine restriktive, aber faire Asylpolitik. Wir haben nicht den Platz, um die ganze Welt in der Schweiz aufzunehmen. Es geht darum, den Menschen zu helfen, die tatsächlich Schutz brauchen, und diesen Schutz auch zeitlich begrenzt zu gewähren. Es kann nicht sein, dass Menschen über Jahre in der Schweiz bleiben, ohne zu arbeiten und auf Kosten der Steuerzahler Sozialhilfe beziehen.
Unsere Asylpolitik sollte darauf abzielen, den Menschen die Möglichkeit aufzuzeigen, in ihr Heimatland zurückzukehren und es wiederaufzubauen, sobald es die Umstände zulassen. Die Schweiz kann dabei mit ihrem Know-how vor Ort unterstützen. Das gehört auch zur humanitären Verantwortung, die tief in der christlichen Tradition verwurzelt ist. Aber wie in jeder Verantwortung müssen wir auch hier klare Grenzen setzen. Und diese Grenzen muss das Schweizer Volk spüren.
Zukunft CH: Wie sehen Sie die politischen Entwicklungen in den Nachbarländern, in denen populistische Parteien immer mehr Zulauf erhalten?
Mezzi: Der populistische Aufschwung in unseren Nachbarländern kommt nicht von ungefähr. Diese Politiker sprechen die Probleme an, die viele Menschen beschäftigen, und sie tun dies oft auf sehr direkte Weise. Sie alle als rechtsextrem oder ausländerfeindlich abzustempeln, greift zu kurz. Es geht vielmehr darum, dass diese Parteien mit einem klaren und oft verständlichen Parteiprogramm den Nerv der Wähler treffen.
In der Schweiz haben wir den Vorteil der direkten Demokratie und es ist entscheidend, dass wir diese nutzen, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Unsere Politik muss wieder auf Werten, Traditionen und einem christlichen Fundament aufbauen. Wir müssen ehrlich mit den Problemen umgehen und lösungsorientiert arbeiten – angefangen bei der Familienpolitik. Die Familie ist das wichtigste Fundament unserer Gesellschaft, bestehend aus Mann und Frau. Wir müssen uns von ideologischen Debatten wie der Genderdiskussion abwenden und uns auf das Wesentliche konzentrieren.
Zukunft CH: Was wäre Ihr Appell an die Leserinnen und Leser?
Mezzi: Mein Appell ist klar: Bleiben wir unseren Werten treu, aber gleichzeitig offen für die Herausforderungen der Zukunft. Das bedeutet nicht, dass wir stehen bleiben müssen, sondern dass wir unsere Grundwerte – insbesondere in der Familienpolitik – als Basis unseres Handelns fest verankern. Nur so können wir als Gesellschaft stark bleiben und die Herausforderungen dieser Zeit meistern.
Zukunft CH: Vielen Dank für das Gespräch.
Daniele Mezzi ist Grossrat im Kanton Aargau für Die Mitte, Präsident einer Bezirkspartei und Geschäftsführer der MeBu Altersberatung und -betreuung in Basel (www.me-bu.ch), die sich auf die Unterstützung von Menschen im Alter spezialisiert hat, insbesondere auf diejenigen, die alleine sind und Hilfe in den Bereichen Treuhandschaft, rechtliche Vorsorge (z.B. beim Verfassen des Vorsorgeauftrags) sowie administrative Unterstützung benötigen. Am 20. Oktober 2024 kandidiert er erneut für den Grossen Rat.