Jüngst fühlte ich mich diskriminiert. Am Rand eines Wanderweges stand ein Schild, auf dem eine Figur in Rock hinter einer Figur in Hose hergeht und sich an deren Arm festhält. Ich selbst trug eine Schneehose, aber um mich herum war niemand in Rock, der sich an meinem Arm festhalten wollte. So überlegte ich: Bedeutet das, dass dieses Schild für mich gar nicht gilt? Dass hier gar nur Pärchen gehen dürfen und auch diese nur, wenn – wie empörend! – die Frau hinter dem Mann läuft? Ja, das könnte man daraus ableiten. Zumindest, wenn man der Logik der Zürcher SP folgt.

Von Ursula Baumgartner

Die Zürcher SP sorgt sich um die richtig grossen Themen im Leben. Sie betrachtet Verkehrsschilder in der Stadt Zürich und fragt sich sinngemäss, „wie sich Kinder, Frauen und gleichgeschlechtliche Paare von einer Signalisation angesprochen fühlen sollen, wenn darauf nur Männer zu sehen sind“.

„Stereotype“ Symbole

Nun könnte man ganz einfach antworten: Indem man all diesen Gruppen beibringt, was ein Symbol ist, nämlich „ein Sinnbild oder ein Zeichen, das über sich hinaus auf etwas Allgemeines verweist“.

Doch diese Antwort genügt offenbar nicht. Die SP Zürich sieht in der Darstellung von Männchen auf Verkehrsschildern zementierte Geschlechterstereotype, die wieder einmal suggerierten, „dass der öffentliche Raum vor allen den Männern gehört“. Für sie ist darum klar: Zürich braucht Verkehrstafeln, auf denen Schwangere, lesbische Paare und Seniorinnen mit Stock zu sehen sind. Dass dafür beträchtliche Summen an Steuergeldern ver(sch)wendet werden, interessiert offenbar nicht. Ein entsprechendes Postulat wurde nun mit grosser Mehrheit an den Stadtrat überwiesen.

Ironie als berechtigte Reaktion

Doch nicht alle sind von dem Vorschlag begeistert. Jasmin Bourgeois (FDP) überlegt, wie Piktogramme aussehen sollen, die ohne Stereotype auskommen: „Wie wollen Sie Frauen denn anders abbilden als mit Rock und vielleicht langen Haaren?“ Stephan Iten (SVP) erkundigt sich ironisch: „Haben Sie das Gefühl, Kinder sehen die Tafeln besser, wenn zwei Lesben drauf sind?“

Des Weiteren sei die Frage erlaubt, was es über einen Menschen verrät, wenn er (oder – um Himmels Willen! – natürlich sie!) sich von einem Symbol auf einem Verkehrsschild diskriminiert fühlt. Und wenn man einmal damit anfängt, welche Bevölkerungsgruppen fordern denn dann noch eigene Schilder?

Dann braucht man z.B. Abbildungen von Hundebesitzern mit ihren Vierbeinern. Von diesen fühlen sich dann aber Tierhaarallergiker, Katzenliebhaber und Muslime vielleicht nicht repräsentiert. Das Schild mit der schwangeren Frau empfindet möglicherweise die Fussgängerin (nein, Entschuldigung: die zu Fuss gehende Person) ohne Kinder als unpassend, an dem Schild mit Pärchen wiederum stört sich ein Single. Was als Vereinfachung der komplexen Situation im Strassenverkehr gedacht war, wird mehr und mehr zur Realsatire.

So ist der Kommentar von Stephan Iten durchaus nachvollziehbar: „Manchmal frage ich mich: Träumt ihr in der Nacht auch noch oder macht ihr das nur hier im Gemeinderat?“