„Das ist doch nur ein Tropfen auf dem heissen Stein!“, sagt man oft schnell dahin angesichts einer scheinbar unbezwingbaren Aufgabe. Doch was passiert eigentlich, wenn ein Wassertropfen auf einem heissen Stein landet?
Von Ursula Baumgartner
Ein heisser Sommertag endet mit einem kurzen Regenschauer. Doch ehe man es sich versieht, ist von den Regentropfen auf dem Asphalt nichts mehr zu sehen. Für Sommer- und Sonnenfreunde ist dies die erfreuliche Variante des Tropfens auf dem heissen Stein.
Alles umsonst?
Allzu oft jedoch begegnet uns die weniger erfreuliche Variante. Dann nämlich, wenn wir das Gefühl haben, nichts bewegen zu können, wenn unsere Bemühungen nicht fruchten wollen und wir versucht sind, aufzugeben. All unsere Arbeit scheint umsonst – verschwunden und verloren. Ist dem wirklich so? Werfen wir einen naturwissenschaftlichen Blick auf dieses Sprichwort.
Wohin geht der Tropfen?
Wasser kann, wie jeder aus dem Alltag weiss, verdunsten. Dabei geht die Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand über. Die Menge an Wasser bleibt dabei gleich, doch sie nimmt nun einen grösseren Raum ein. Der Grund dafür ist, dass die Teilchen eines gasförmigen Stoffes mehr Platz brauchen als im flüssigen Zustand, weil sie untereinander einen grösseren Abstand haben. Der Tropfen ist also nicht einfach weg. Er ist nur anders organisiert und auf einen weiteren Raum verteilt.
Bis zu den Wolken und darüber hinaus
Der Wasserdampf, der aus dem Tropfen entstanden ist, steigt auf. Weiter oben in kälterer Luft kann er wieder kondensieren, d.h. flüssig werden. Zusammen mit dem Wasserdampf von vielen, vielen weiteren verdunsteten Tropfen bildet sich eine Wolke. Diese regnet irgendwann ab. So gelangt das Wasser auf Wiesen und in Wälder, in Flüsse, Seen und Ozeane.
Nicht nachlassen!
Was hat all das mit dem niedergeschlagenen Sprichwortnutzer zu tun? Nun, ganz einfach: All das gilt im übertragenen Sinne auch für den „Tropfen“ unseres Engagements. Auch wenn er seine Wirkung nicht gleich und nicht an dem Ort zeigt, auf den wir abzielten, ist das Engagement nicht einfach verloren, ist der Einsatz nicht verschwendet. So wie der Tropfen verdunstet, kann sich auch unsere investierte Energie ausbreiten. Wenn wir nicht nachlassen, können viele verdunstete „Tropfen“ eine Wolke bilden, die abregnet und an völlig anderer Stelle für Blüten sorgt. Das braucht Geduld, Demut und Umsicht. Denn es kann sein, dass unser Einsatz Früchte trägt in Bereichen, in denen wir es überhaupt nicht erwarteten.
Und wenn uns all das nicht trösten und ermutigen kann und wir immer noch versucht sind, aufzugeben, hilft vielleicht die Erinnerung an ein weiteres Sprichwort: Steter Tropfen höhlt den Stein!