Am 26. September 2024 hielt Claude Reymond, der Vizepräsident des Verbands gegen Drogen in der Romandie, bei Zukunft CH einen Online-Vortrag zum Thema „Nein zu Drogen, Ja zum Leben“. Wie aktuell und brisant dieses Thema in der Schweiz nach wie vor ist, zeigt die Lage bei der kontrollierten Heroin- oder Methadonabgabe.
Sabina Geissbühler-Strupler, Präsidentin der Schweizerischen Vereinigung Eltern gegen Drogen
Die Schweizer Drogenpolitik hält nicht, was sie versprochen hat: Statt Menschen zum Ausstieg zu bewegen, führt die kontrollierte Heroin- oder Methadonabgabe bei vielen Empfängern zu einer „staatlich subventionierten Suchtverlängerung“. Ein Kurswechsel ist dringend angesagt.
Ausgangslage
Die Schweizer Stadtregierungen waren anfangs der 90er-Jahre mehrheitlich der Ansicht, dass eine offene, mit sauberen Spritzen belieferte Drogenszene toleriert werden müsse. Nur mit einer ausufernden, offenen Drogenszene mit ungeheurer Sogwirkung über die Schweizer Grenzen hinweg, wo Raub, Diebstahl, Hehlerei und Mord an der Tagesordnung waren, konnte in der Bevölkerung ein Meinungsumschwung, das heisst eine Zustimmung für eine Heroinabgabe, erzielt werden.
Abstinenzorientierung
Zwar wurde den Stimmbürgern vor der Abstimmung zu den Heroinabgabeversuchen versprochen, dass diese staatlichen Rauschgiftabgaben nach der Schliessung der offenen Drogenszenen als Überlebenshilfe für die Süchtigen notwendig seien, aber dass eine zeitliche Beschränkung, sowie ein Dosisabbau bis zur Abstinenz praktiziert würde. Auch wurde erwähnt, dass eine tägliche medizinische und psychosoziale Begleitung der Heroinsüchtigen für die Zielerreichung wichtiger sei als die Verabreichung von Heroin (Diacetylonmorphin).
Zu jener Zeit waren die negativen Resultate von staatlichen Heroinabgabeversuchen in Schweden und England bekannt, wurden aber der Schweizer Bevölkerung vorenthalten. Es zeigte sich, dass die meisten Heroin- oder Methadonabhängigen polytoxikoman (süchtig auf verschiedene Rauschgifte) sind und somit – trotz staatlicher Versorgung mit dem Rauschgift Heroin – noch auf dem Schwarzmarkt anzutreffen sind.
Fragwürdige Versuchsanordnung und Auswertung
Eine seriöse Versuchsauswertung der Schweizer Heroinabgabe war ohnehin nicht möglich, weil die Versuchsanordnung während der Versuchsdauer mehrfach geändert wurde. Die Auswertung und Beurteilung der Versuche, die Erhebung von Daten zur staatlichen Heroinabgabe, beispielsweise zu den Beschaffungsdelikten, erfolgten fast ausschliesslich durch sogenanntes „Self-Reporting“, was berechtigten Zweifel hervorrief.
Mit der niedrigen Ausstiegsquote von rund fünf Prozent wurde das Ziel der Abstinenz verpasst, aber schnell dasjenige der möglichst hohen Haltequote gefunden. Deshalb müssen wir leider heute feststellen, dass die 1995 gestartete Lebenshilfe mit der heroingestützten Behandlung (HeGeBe) zu einer staatlich subventionierten Verlängerung der Rauschgiftsucht geführt hat. Es fehlen die Merkmale einer Therapie, und deshalb sind Zahlungen durch die Krankenkassen nicht mehr gerechtfertigt.
Gravierend ist auch die seit 2020 stattfindende wöchentliche Mitgabe von Heroin und anderen Suchtmitteln. Dies, obschon sich Fachleute einig sind, dass die meisten süchtige Menschen nicht fähig sind, Betäubungsmittel selbst einzuteilen. Auch diese Massnahme erfolgte gegen das Versprechen der Bevölkerung.
Im Handbuch des BAG zur heroingestützten Behandlung vom September 2000 steht, dass bei der täglichen Abgabe von medizinischem Heroin die ärztlich verordneten Substanzen unter Sichtkontrolle und unter Aufsicht des Pflegeteams injiziert werden müssten. Somit könnten die Klienten täglich gesehen und ihre Befindlichkeit oder auch Verhaltensauffälligkeiten kontinuierlich beobachtet werden. Werden die Mittel weiterhin in mehreren Tagesdosen auf einmal abgegeben, müsste das Personal drastisch reduziert werden.
Verantwortung wahrnehmen
Der Bundesrat und die Verantwortlichen für eine nachhaltige Drogenpolitik sind aufgefordert, diesen gravierenden Paradigmenwechsel rückgängig zu machen und damit die provozierte Dealerei zum Wohle der süchtigen Menschen, deren Umfeld und der Sicherheit der Bevölkerung zu stoppen. Berater und Betreuer sollten ihre Verantwortung wahrnehmen und ihre Anstrengungen auf das Ziel der Drogenabstinenz ausrichten.