Die Skyline einer Grossstadt ziert das Cover. Die Stadt steht bewusst verkehrt, um den Titel des Buches zu veranschaulichen. Mit ihrem 2022 erschienenen Buch „Die grosse Verkehrung“ verfolgte die Autorin Monika Hausammann das Ziel, dem „freiheitlichen“ Humanismus die Zehn Gebote der Bibel gegenüberzustellen. Doch dann merkte sie, dass das dahinterliegende Problem das unterschiedliche Menschenbild bzw. die verschiedene Anthropologie ist, die Humanismus und Bibel voneinander trennen.

Rezension von Michael Freiburghaus

Das erste Kapitel beginnt mit Hausammanns Hauptthese, dass der Humanismus die grosse Verkehrung der biblischen Botschaft darstellt: Den aktuellen Mainstream-Humanismus, der von vielen Politikern, Journalisten, Wissenschaftlern, NGOs, Firmen, Kirchenfunktionären und Kulturschaffenden vertreten wird, sieht sie als hauptverantwortlich für den Angriff auf die biblische Ordnung. Dieser humanistische Angriff auf die Bibel besteht in der „Relativierung [der biblischen Grundsätze], ihre[r] Auflösung oder ihre[r] Umkehrung ins Gegenteil“ (S. 14). Die menschliche Vernunft muss von ihrem Absolutheitsanspruch entthront werden, denn mit ihr lässt sich auch das Böse begründen (vgl. S. 16). Ein Fortschreiten auf humanistischem Kurs führt ins gesellschaftliche Chaos, das uns unfrei macht (vgl. S. 18–19).

Das zweite Kapitel trägt die Überschrift: „Menschen brauchen Ordnung.“ Darin stellt die Autorin fest: „Der Mensch kann auf Dauer nicht in Unordnung und damit Unwirklichkeit leben. Es ist ihm unmöglich, nicht zu versuchen, einem Ereignisablauf oder einer Situation eine Ordnung zuzuweisen“ (S. 20). Die Grundannahmen des Humanismus‘ (homo mensura, der Mensch ist das Mass aller Dinge) führen zur Selbstverwirklichung und Einsamkeit. Selbst humanistische Wissenschaft wird zum Dogma, wenn sie nicht mehr hinterfragt werden darf. Der Staat betreibt „Tugendterror“ und „Totalitarismus“, wenn er mittels Nudgings die Bürger in eine einzige ideologische Richtung schubst. Den Humanismus charakterisiert sie mit den Stichworten: „Toleranz, Offenheit, Diversität, Multikulturalismus, soziale Gerechtigkeit, Anti-Diskriminierung“ (S. 34), wobei die Emotionen des Individuums im Vordergrund stehen. Der Mittelteil des Buches schildert die diametral unterschiedliche Anthropologie der Bibel und des Humanismus: Im Letzten ist der Mensch tabula rasa, ein unbeschriebenes und unschuldiges Blatt, währenddessen Hausammann mit der Bibel betont: „Das Böse liegt als stets lauernde Möglichkeit in mir“ (S. 78). Das Buch schliesst mit der Einladung, der Bibel und Jesus zu folgen.

Warnung vor dem „Weltanschauungs- und Wächteramt-Staat“

Hausammann, die Betriebswirtschaft studierte und nun als Journalistin und Autorin arbeitet, verwendet eine gehobene, manchmal komplizierte Sprache, in die man sich zuerst hineindenken muss. In der Einleitung zollt sie zehn Männern ihren Tribut, die ihr Denken positiv geprägt haben: „Helmut Thielicke, Joachim Cochlovius, Ludwig von Mises, Jordan Peterson, Karl Popper, Paul Watzlawick, Richard Wurmbrand, Charles Haddon Spurgeon, Henri Nouwen und Walter Lüthi“ (S. 10). Es fällt auf, dass sechs von zehn Theologen sind; Popper und Watzlawick waren Philosophen, von Mises österreichischer Wirtschaftswissenschaftler und Peterson klinischer Psychologe. Die Autorin äussert viele unterschiedliche Gedanken wie ein bunter Blumenstrauss, was die Lektüre spannend macht. Eine Stärke des Buches ist, wie die Autorin die überbordende Macht des Staates (Paternalismus/Etatismus) analysiert und kritisiert: So warnt sie vor dem „Weltanschauungs-Staat“ sowie dem „Wächteramt-Staat“ (S. 67) und schärft ihren Lesern ein, selbst Verantwortung für ihr Handeln und ihre Zukunft zu übernehmen. Und sie hält fest: „Leben, Ehe, Familie und Eigentum sind von Gott gegeben“ (S. 105). Deswegen lehnt sie Abtreibung und Selbstmord ab.

Fazit

„Die grosse Verkehrung“ bietet Lesegenuss auf höchstem Niveau, teils poetisch (die „Nachtmeerfahrt [einer] Massenpsychose“, S. 18), teils apodiktisch-stichwortartig („Die Freiheit […] ist die Gebundenheit an das frei gewählte persönliche Ziel“, S. 55), teils voll Galgenhumor („Opferwettbewerb“, S. 65; „Opferadel“, S. 84; „Gesellschaft von Judassen“, S. 99), manchmal spöttisch („zivilgesellschaftliche Organisationen sind im Kern nicht Bürger-Organisationen, sondern Sekten und Heiligungsbewegungen“, S. 41), jedoch immer biblisch ausgerichtet. Dem Leser wird einiges zugemutet, weil viele Fachbegriffe und Hintergrundinformationen vorausgesetzt werden. Alle, die gerne intellektuelle Herausforderungen annehmen und eine christliche Alternative zur humanistischen Mainstream-Berichterstattung über Gender, Klima, Corona und Cancel-Culture suchen, werden an Hausammanns intelligenter Streitschrift nicht vorbeikommen und ihre helle Freude haben.

 

Monika Hausammann, Die grosse Verkehrung: Dem Humanismus mit biblischem Denken begegnen. Eine Ansage, Basel: Fontis, 2022, ISBN 978-3-03848-233-8. 143 S. CHF 19.90.

 

Pfr. Michael Freiburghaus ist der Präsident von Zukunft CH.