Viel wurde debattiert über die COVID-Impfstoffe, die in den letzten beiden Jahren auf den Markt gekommen sind. Mehr als einmal ging auch Zukunft CH schon der Frage nach, wie dabei die Verwendung embryonaler Zelllinien einzuschätzen ist. Der jüngst zugelassene Impfstoff der Firma Novavax gibt nun Anlass, das Thema noch einmal aufzugreifen.
Bei Nuvaxovid oder NVX-CoV2373, wie der neue Impfstoff auch heisst, handelt es sich um einen sogenannten Protein-Impfstoff. Das bedeutet, dass er Eiweissstoffe enthält, die den Oberflächenproteinen des Corona-Virus ähneln und die das Immunsystem zu einer Reaktion anregen sollen, sodass es bei einer Infektion mit Corona zur Verteidigung bereit ist. Viele Bedenken, die bei den bisher zugelassenen und in Verwendung befindlichen DNA- und mRNA-Impfstoffen aufkamen, gelten hier nicht, denn die angestrebte Wirkweise beim Novavax-Impfstoff ähnelt viel mehr derjenigen von herkömmlichen Impfstoffen. Da diese allerdings eine weniger intensive Reaktion des Immunsystems auslösen als DNA- und mRNA-Impfstoffe, ist der Zusatz von Wirkverstärkern, sogenannten Adjuvantien, vonnöten. Im Fall von Novavax sind dies Saponine, pflanzliche Bitterstoffe, die auch in Zahnpasta oder Seife zum Einsatz kommen. Laut einem epidemiologischen Bulletin der Ständigen Impfkommission (STIKO) aus Deutschland vom 17. Februar 2022 ist der Proteinimpfstoff jedoch bislang lediglich für die Grundimmunisierung, nicht aber zum Auffrischen zugelassen. Die STIKO empfiehlt daher einen der beiden mRNA-basierten Impfstoffe als Auffrischimpfung.
Im Zusammenhang mit der Zulassung von Nuvaxovid bezog das in Wien ansässige Ethik-Institut IMABE Stellung zu Fragen der Unbedenklichkeit der Impfstoffe. Wie berichtet, wird bei Herstellung, Entwicklung und Testung von Medikamenten, Impfstoffen und Kosmetika vielfach auf Zelllinien zurückgegriffen, die aus Organen abgetriebener Embryonen gewonnen werden. Daher stellte sich in den vergangenen Monaten verstärkt die Frage, ob es ethisch vertretbar ist, von Produkten dieser Art Gebrauch zu machen oder ob man dadurch nicht in irgendeiner Form an der Abtreibung mitwirkt oder Nutzen aus einem Vorgang bezieht, den man ablehnt. (Eine ausführliche Abhandlung zu dieser Problematik findet sich in dem Artikel: Die Corona Impfstoffe – ein spätes Kind der 70er-Jahre.)
Alle Impfstoffe ethisch vertretbar?
Die katholische Kirche stufte bereits im Dezember 2020 alle zugelassenen COVID-Impfstoffe als sicheren Gewissens verwendbar ein. Dadurch, dass man sich einen Impfstoff verabreichen lasse, der an embryonalen Zelllinien erforscht wurde, habe man sich in keinster Weise an der zuvor erfolgten Abtreibung beteiligt. Trotzdem sei es Pflicht eines jeden, der Abtreibung ablehnt, auf der Entwicklung ethisch unbedenklicher Produkte zu bestehen. IMABE kategorisiert Nuvaxovid als ethisch unbedenklich – ebenso wie die mRNA-Impfstoffe der Firmen Pfizer/Biontech und Moderna. Im Gegensatz zu AstraZeneca und Johnson&Johnson, für deren DNA-Impfstoffe die Zelllinien auch bei der Herstellung bereits gebraucht werden, kommen letztere bei Novavax und den mRNA-Impfstoffen erst in der Testphase zum Einsatz.
Und genau hier muss die Frage gestellt werden dürfen, ob dies wirklich einen so grossen Unterschied ausmacht. Natürlich, je weniger intensiv etwas genutzt wird, das man ablehnt, umso besser ist es. Doch sollte das Mass bei der Einschätzung eines ethisch vertretbaren oder sogar einwandfreien Produktes nicht die Frage sein, ob etwas ethisch höchst Problematisches gebraucht wird, und nicht der Grad, in dem man es braucht? Dies gilt besonders, wenn man sich an die Bemühungen hochrangiger Pfizer-Mitarbeiter erinnert, die Verwendung oben genannter Zelllinien tunlichst zu verheimlichen. (Zukunft CH berichtete darüber: Von der Pfizer-Impfung, Zelllinien und Aufrichtigkeit/.)
Die Opfer, die für die Gewinnung der Zelllinien dargebracht wurden, nämlich die Embryonen, können selbst nicht auf das ihnen zugefügte Unrecht aufmerksam machen. Sie sind darauf angewiesen, dass andere es für sie tun.
Indem von entscheidenden Stellen immer wieder Impfstoffe und Medikamente akzeptiert werden, die nicht ohne Verwendung embryonaler Zelllinien auskommen, befeuert man vielleicht deren Gebrauch nicht aktiv. Aber man tut auch nichts dazu, ihn zu beenden.