Von der Familienpartei CVP im Stich gelassen, ist es für Ehepaare umso wichtiger zu wissen, wieso sie zu ihrem Ja-Wort stehen wollen, selbst wenn sie dafür (steuerliche) Nachteile in Kauf nehmen müssen. Hilfestellung bietet dazu die „Marriage Week“.
Von Dominik Lusser
Seit Jahren beansprucht die Christdemokratische Volkspartei CVP für sich den stolzen Titel „Familienpartei“. Allerdings scheint die Partei um Präsident Gerhard Pfister nicht mehr den Willen aufbringen zu können, zur Ehe als Grundlage der Familie ein konsequentes Ja-Wort zu sprechen. Die CVP als nominell christliche Mittepartei illustriert eine Gesellschaft, die ihren Wertekompass mehr und mehr verliert.
2016 verlor die CVP die Volksabstimmung über ihre Initiative „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“ nur hauchdünn. 50,8 Prozent der Stimmbürger stimmten gegen die Verfassungsänderung, welche die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren beendet und darüber hinaus die Ehe explizit als „auf Dauer angelegte Verbindung von Mann und Frau“ in der Verfassung festgeschrieben hätte.
Als bekannt wurde, dass dieses Ergebnis auf der Grundlage völlig irreführender Zahlen seitens des Bundesrats zustande gekommen war, reichte die CVP in acht Kantonen eine Abstimmungsbeschwerde ein. Betroffen von der steuerlichen Benachteiligung sind nämlich nicht bloss 80’000 Ehepaare, wie der Bundesrat in den offiziellen Abstimmungsunterlagen behauptet hatte, sondern 700’000. Das Bundesgericht hiess 2018 die Beschwerde gut und annullierte den Urnengang, der somit noch in diesem Jahr wiederholt werden müsste.
Fehlende Widerstandskraft
Doch dies ist für die CVP nur vier Jahre nach der ungültigen Abstimmung kein Grund mehr zum Jubeln. Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die „christlichen“ Werte der CVP. Die Partei steckt jetzt in einem Dilemma. Die möglichst baldige Beseitigung der Heiratsstrafe hat für sie nicht mehr oberste Priorität. Dem kurzlebigen Zeitgeist hörig, möchte sie um jeden Preis vermeiden, als die Partei in die Geschichte einzugehen, die der gleichgeschlechtlichen Schein-„Ehe“ und dem absurden Adoptionsrecht für Homosexuelle die Stirn bot – obwohl damit schon jetzt zeitlose Lorbeeren in den Jahrhundertrückblicken gesichert wären. Die CVP weiss: Sollte ihre Initiative vom Volk angenommen werden, würde dies die Einführung der sogenannten „Ehe für alle“ möglicherweise für Jahre hinauszögern. Diese wäre dann nicht mehr auf Gesetzesstufe möglich, sondern bedürfte einer Verfassungsänderung, der nicht nur die Mehrheit des Volkes, sondern auch der Kantone zustimmen müsste. Die Hürde für den Umsturz der Ehe läge also deutlich höher.
Zu Jahresbeginn liess die CVP, die seit ein paar Wochen auch offen darüber diskutiert, das C im Parteinamen zu streichen, um ihr katholisches Etikett loszuwerden, die Bombe platzen. Die Parteispitze liess verlauten, den Rückzug der Initiative zu beantragen und somit auf einen zweiten Urnengang zu verzichten. Sie plant, eine neue Initiative zu lancieren, diesmal ohne Ehedefinition. Damit zeigt die CVP definitiv, dass ihr die Sinnentleerung des Ehebegriffs wichtiger ist als die möglichst baldige Abschaffung der Heiratsstrafe. Die NZZ beschreibt dieses Fiasko treffend als „ebenso peinlich wie aufschlussreich“.
Sollte die CVP ihre Volksinitiative tatsächlich zurückziehen, wird die Lebensrechtsorganisation „Human Life International (HLI) Schweiz“ diesen Schritt vor dem Bundesgericht anfechten. HLI und weitere christliche Organisationen, darunter auch Zukunft CH, hatten im Rahmen des „Bündnis Christliche Schweiz“ Tausende Unterschriften zum erfolgreichen Zustandekommen der CVP-Initiative beigetragen. „Zur Debatte steht (…) das in Art. 34 der Bundesverfassung verankerte Grundrecht auf die ‚freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe‘. Dieses setzt die Kenntnis der für einen freien Entscheid unabdingbaren Fakten voraus“, schreibt HLI auf seiner Homepage. In einem Rechtsgutachten sei man zum Schluss gekommen, dass durch die Aufhebung einer eidgenössischen Volksabstimmung den in ihren politischen Grundrechten verletzten Stimmberechtigten, die bei der Volksabstimmung ihren Willen nicht frei bilden und ihre Stimme nicht unverfälscht hätten abgeben können, ein unbedingter Anspruch auf Wiederholung der aufgehobenen Abstimmung zukomme – eine Rückzug nach erfolgter Volksabstimmung demzufolge nicht mehr möglich sei.
Doch die CVP scheint zunehmend der Trance des „Vielfalts“-Wahns zu verfallen: Um mit der Mode Schritt zu halten, opfert sie nicht nur das christliche Menschenbild und die demokratischen Rechte des Volkes, sondern auch die realistische Chance auf einen der grössten politischen Erfolge der jüngeren Parteigeschichte. Dass die Heiratsstrafe-Initiative im Wissen um die richtigen Zahlen angenommen würde, kann – bei 700’000 benachteiligten Paaren (und 5,4 Millionen Stimmberechtigten) – als wahrscheinlich angenommen werden.
„Neinsagenkönner“
Rundum im Stich gelassen, müssen Ehepaare heute umso genauer wissen, wieso sie zu ihrem Ja-Wort stehen wollen. Dieses lässt sich wohl nicht aufrechterhalten ohne ein gleichzeitiges Nein zu (flüchtigen) Empfindlichkeiten, die als Trends gehypt werden. Was die CVP als Partei nicht mehr zu Wege bringt, steht jedem Ehepaar als Möglichkeit nach wie vor offen. Für Max Scheler (†1928), den Klassiker der philosophischen Anthropologie, liegt die Sonderstellung des Menschen geradezu in der Fähigkeit, Nein sagen zu können zu den Reizen der Umwelt. Auch wenn man Schelers Idealismus, der den Menschen als vergeistigt und jeglicher Umwelt vollständig enthoben denkt, durchaus kritisieren sollte; in einer Sache hatte der deutsche Philosoph durchaus recht: Allein der Mensch vermag sich der Diktatur des Faktischen zu entziehen, kann für seine Werte einstehen, selbst wenn er dafür (steuerliche) Nachteile in Kauf nehmen muss. Daraus aber folgt, dass allein der Mensch als „Neinsagenkönner“, als „Asket des Lebens“ es fertigbringt, zu etwas oder jemandem auch wirklich Ja zu sagen, also tatsächlich zu lieben.
Eine wunderbare Gelegenheit, die eheliche Motivation präsent zu halten oder wiederzuentdecken, bietet die jährliche Aktionswoche „Marriage Week“ vom 7. bis 14. Februar mit ihren zahlreichen Angeboten (www.marriageweek.ch). Ehepaare wissen, dass es nicht nur am Hochzeitstag, sondern auch im Alltag immer wieder um diese Dynamik von Ja und Nein geht. Paul Marsh, der Koordinator der „Marriage Week Schweiz“, schrieb kürzlich in einem Beitrag mit konkreten Tipps für eine gute Beziehung: „Die erste Regel (für die Ehefrau) beinhaltet ein ‚Stopp‘ und ein ‚Start‘. Hören Sie auf, an ihm herumzunörgeln, und ermutigen Sie ihn! Ich habe noch nie einen Ehemann getroffen, der zugibt, die Kritik seiner Frau zu lieben. Männer reagieren jedoch positiv auf Ermutigung.“ Ebenso ist für die Männer die klare Absage an alle Gelegenheiten der (virtuellen) Untreue die unabdingbare Voraussetzung, sich ihrer Frau ungeteilt hinzugeben.
Nutzen auch Sie die Zeit bis zum Valentinstag und erneuern Sie Ihr eheliches Nein – und natürlich vor allem ihr Ja!
—
Wertvolle Inspirationen für den Ehealltag bietet der Tischkalender von Regula Lehmann. Weitere Informationen und Bestellung unter: zukunft-ch.ch