Ein Radio-Beitrag im „Echo der Zeit“ des Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), mit dem Titel „Die palästinensische Regierung kann ihre Beamten kaum mehr bezahlen“ zeichnet ein einseitiges und teilweise irreführendes Bild der aktuellen Situation im sogenannten Westjordanland.

Von Gerardo Raffa

In dem Bericht von Auslandredaktorin Anna Trechsel werden eine Reihe von wichtigen Aspekten ausgelassen, die für ein vollständiges Verständnis der Thematik notwendig wären. Eine solche Art von Berichterstattung trägt nicht zu einem ausgewogenen Diskurs bei und wirft Fragen zur journalistischen Sorgfaltspflicht des Senders auf.

Einseitige Darstellung und fehlende israelische Perspektive

Der Bericht legt nahe, dass die finanzielle Krise der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) ausschliesslich auf die Entscheidungen der israelischen Regierung zurückzuführen sei. Diese Darstellung ist nicht nur stark vereinfacht, sondern auch unvollständig. Der Bericht versäumt es komplett, die israelische Seite zu Wort kommen zu lassen oder Stellungnahmen von israelischen Offiziellen einzuholen, welche die gegen sie erhobenen Vorwürfe beantworten könnten. Dies führt zu einer unausgewogenen Berichterstattung, die israelische Massnahmen als alleinige Ursache der Misere darstellt.

Die PA finanziert sich tatsächlich zu einem grossen Teil durch Zolleinnahmen, die Israel gemäss dem Pariser Protokoll im Rahmen der Osloer Friedensverhandlungen von 1994 einzieht und an die PA überweist. Allerdings wurde im Bericht nicht erwähnt, dass Israel in der Vergangenheit regelmässig diese Einnahmen transferiert hat, auch während Perioden intensivster Gewalt und politischer Spannungen.

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich wird als radikaler Siedler dargestellt, der bewusst die PA schwächt. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Zurückhaltung von Geldern auf konkreten Vorwürfen basiert, dass die Palästinensische Autonomiebehörde internationale Foren wie den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) nutzt, um gegen Israel vorzugehen, was Israel als einseitigen Schritt ansieht.

Fragwürdige Quellen und unglaubwürdige Expertenmeinungen

Ein besonders auffälliger Punkt ist die Erwähnung des sogenannten Ökonomen Moayyad Afaneh (Muayad Afana), der im Bericht als Berater des palästinensischen Wirtschaftsministeriums und als Experte dargestellt wird. Auf Anfrage von Audiatur-Online bei SRF und Frau Trechsel antwortete eine „Medienstelle SRF“, Herr Afaneh habe im Gespräch mit SRF folgende Organisationen genannt, für die er als Berater tätig ist oder war:

  • Aman Palestine (Coalition for Accountability and Integrity)
  • Miftah (The Palestinian Initiative for the Promotion of Global Dialogue and Democracy)
  • Oxfam International
  • Europäische Union
  • Wirtschaftsberater für das palästinensische Finanzministerium (als Haushaltsexperte)

Eine kurze Recherche zeigt, dass Herr Afaneh weder bei der Europäischen Union noch beim „palästinensischen Finanzministerium“ als Experte aufgeführt ist.

Herr Afaneh wird aber von SRF korrekterweise als Berater für die NGO Miftah erwähnt. Um was für eine Organisation es sich dabei handelt, scheint aber weder Frau Trechsel noch SRF zu interessieren. Laut NGO Monitor, einer Nichtregierungsorganisation, welche die Arbeit internationaler NGOs in Israel und den palästinensischen Gebieten kritisch analysiert, verbreitet die palästinensischen NGO Miftah regelmässig antisemitische und antiisraelische Rhetorik. Insbesondere wird kritisiert, dass Miftah Terrorismus verherrlicht und Märtyrerkult fördert. Die Organisation wurde zudem beschuldigt, eine antijüdische Ritualmordlegende veröffentlicht zu haben, die später zurückgezogen wurde. NGO Monitor stellt ausserdem die Glaubwürdigkeit und die angebliche Menschenrechtsagenda von Miftah in Frage, da diese nach ihrer Ansicht in Wirklichkeit darauf abzielt, Israel international zu delegitimieren.

Ob der SRF-Experte Moayyad Afaneh bei Oxfam als Berater tätig ist oder war, ist unklar. Klar ist jedoch, dass auch Oxfam beim Thema Israel nicht über alle Zweifel erhaben ist. Laut NGO Monitor belegen Daten, das Oxfam antiisraelische Positionen vertritt und sich an Kampagnen beteiligt, die Israel delegitimieren. Die Organisation fördere BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel) und unterstütze Projekte, die Israel in internationalen Foren diffamieren. Auch Afaneh selbst unterstützte in einem Kommentar auf der palästinensischen Website „Palgraph“ den Boykott israelischer Produkte. Zudem wird Oxfam dafür kritisiert, dass es Verbindungen zu Partnern unterhält, die radikale und einseitige Ansichten im Israel-Palästina-Konflikt vertreten.

Solche unklaren Hintergründe werfen ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdigkeit auf und lassen vermuten, dass SRF hier eine unkritische Quelle zitiert hat, ohne deren Qualifikationen oder Motive angemessen zu überprüfen.

Ignorierte interne Probleme der Palästinensischen Autonomiebehörde

Es ist zudem wichtig zu betonen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde selbst eine erhebliche Verantwortung für ihre finanzielle Situation trägt. Der Beitrag erwähnt mit keinem Wort die internen Probleme der PA, insbesondere die weit verbreitete Korruption und Misswirtschaft, die in mehreren unabhängigen Berichten dokumentiert wurden. Diese Faktoren tragen erheblich zur aktuellen finanziellen Krise der PA bei und verschärfen die Abhängigkeit von externen Hilfszahlungen. SRF hätte diese Aspekte zumindest erwähnen müssen, um ein vollständigeres Bild der Situation zu vermitteln.

Fehlende Berücksichtigung der Sicherheitslage

Zwar wird im Bericht auf Angriffe von israelischen Siedlern auf palästinensische Zivilisten eingegangen, jedoch bleibt unerwähnt, dass massivste Gewalt von radikalen islamistischen palästinensischen Terror-Gruppen ausgeht. Die Sicherheitslage im Judäa und Samaria (Westjordanland) ist komplex. Eine ausgewogene Berichterstattung hätte dies berücksichtigt und die Herausforderungen, vor denen die israelischen Sicherheitskräfte stehen, ebenfalls beleuchtet.

Der SRF-Bericht über die finanzielle Situation der PA ist ein Beispiel für einseitige Berichterstattung, die weder der Komplexität der Situation gerecht wird noch alle relevanten Perspektiven einbezieht. Als öffentlich-rechtlicher Sender trägt SRF eine besondere Verantwortung, ausgewogen und fair zu berichten. Dieser Verantwortung ist der Sender und Auslandredaktorin Anna Trechsel in diesem Fall leider nicht gerecht geworden.

Gerardo Raffa ist Redaktionsleiter bei Audiatur-Online und Geschäftsführer der Audiatur-Stiftung. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von audiatur-online.ch

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