Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahren Milliarden in die Integration von Migranten investiert. Doch ein neuer Bericht des Europäischen Rechnungshofes offenbart deutliche Schwächen in der Umsetzung. Trotz steigender Mittel bleibt die tatsächliche Wirkung der Programme oft unklar. Fehlende Standards, ineffiziente Verwaltung und unzureichende Daten erschweren eine sinnvolle Bewertung der EU-Hilfen. Hat die EU die Kontrolle über eines ihrer wichtigsten sozialen Projekte verloren?
Zwischen 2021 und 2027 stehen rund 1,9 Milliarden Euro aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) bereit. Das ist fast doppelt so viel wie in der vorherigen Förderperiode. Die Mittel sollen dazu dienen, Migranten den Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt und Gesellschaft zu erleichtern. Doch der Europäische Rechnungshof kritisiert, dass die EU-Staaten kaum konkrete Zielgruppen definieren und die Verwendung der Gelder nur unzureichend dokumentieren.
Milliarden fliessen, doch die Ergebnisse bleiben unscharf
Viorel Ștefan, Mitglied des Rechnungshofes, erklärt dazu: „Ohne rechtliche Verpflichtungen verfolgen viele Mitgliedstaaten nicht systematisch, wie Migranten bei der Integration unterstützt werden. Das erschwert es erheblich, die Wirkung der Massnahmen zu bewerten.“ Dieses Fehlen von Verbindlichkeit führt dazu, dass oft unklar bleibt, ob und wie die Fördergelder tatsächlich den Migranten zugutekommen.
Österreich: Hohe Gelder, enttäuschende Ergebnisse
Ein besonders kritischer Blick fällt auf Österreich. Das Land erhielt aus dem AMIF mehr Mittel, hat jedoch weiterhin Probleme bei der Zielerreichung. In der Förderperiode 2014–2020 sollten 82’438 Personen an Integrationsmassnahmen teilnehmen, doch nur 71’438 wurden tatsächlich erreicht. Trotz eines Defizits von über 11’000 Teilnehmern erhält Österreich für die Periode 2021–2027 insgesamt 157 Millionen Euro, davon 69 Millionen für Integrationsmassnahmen.
Als zentrale Massnahmen sind Sprachkurse und gesellschaftliche Eingliederung geplant. Doch aufgrund der Diskrepanz zwischen den bereitgestellten Geldern und den erreichten Zielen bleibt fraglich, ob Österreich diese Mittel effizient einsetzt.
Uneinheitliche Strategien, mangelhafte Datenqualität
Der Bericht des Europäischen Rechnungshofes zeigt, dass die Strategien zur Integration von Migranten innerhalb der EU stark variieren. In mehreren Mitgliedstaaten bleiben die Massnahmen breit gefächert und wenig zielgerichtet. Dies führt nicht nur zu einem uneinheitlichen Vorgehen, sondern auch zu einer eingeschränkten Vergleichbarkeit der Ergebnisse.
Ein weiteres Problem ist die mangelnde Qualität der von den Mitgliedstaaten gelieferten Daten. Häufig sind diese fehlerhaft oder unvollständig. In Spanien etwa wurden unkorrekte Zahlen zu Teilnehmern an Integrationsmassnahmen gemeldet, was zu einer verzerrten Bewertung der Programme führte. Zudem erfolgt kaum ein Abgleich zwischen der Höhe der Fördermittel und den tatsächlichen Migrationszahlen in den Ländern. Die Folge ist ein Missverhältnis zwischen Bedarf und Finanzierung.
„Ohne klare Ziele bleibt Erfolg schwer messbar“
Viorel Ștefan fasst die Herausforderungen der EU-Hilfen prägnant zusammen: „Integration erfordert mehr als nur finanzielle Mittel. Ohne klare Zielsetzungen und verbindliche Standards bleibt Erfolg schwer messbar.“
Der Europäische Rechnungshof hat nun klare Empfehlungen formuliert, um die Effektivität der Integrationsmassnahmen zu steigern. Ein zentraler Punkt ist die Verbesserung der Datenqualität. Mitgliedstaaten müssen verlässliche und vollständige Berichte liefern, damit die tatsächliche Wirkung der Massnahmen genauer bewertet werden kann.
Zudem fordert der Rechnungshof einen stärkeren Austausch zwischen den Mitgliedstaaten über bewährte Praktiken. Länder mit erfolgreichen Integrationsprogrammen sollten diese als Vorbild für andere EU-Staaten präsentieren. Weiterhin müsse der Verwaltungsaufwand reduziert werden, um Ressourcen effizienter einzusetzen.
Langfristig sollen Planung und Durchführung der Programme stärker an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Mittel sinnvoll eingesetzt und Migranten nachhaltig in die Gesellschaft integriert werden.
Europäisches Scheitern
Trotz Milliardeninvestitionen und ambitionierter Programme zeigt der Bericht des Europäischen Rechnungshofes ein desaströses Bild: Die EU ist bei der Integration von Migranten weit davon entfernt, ihr Ziel zu erreichen. Ineffiziente Verwaltung, uneinheitliche Strategien und fehlende Erfolgskontrollen werfen die Frage auf, ob Europa hier nicht komplett gescheitert ist. Ohne verbindliche Standards und transparente Abläufe drohen die Milliarden im bürokratischen Dickicht zu versickern – ein fatales Signal in einer Zeit, die Weitsicht dringender denn je benötigt. Viorel Ștefan betont: „Integration ist kein Automatismus, sondern das Ergebnis gezielter und nachhaltiger Politik.“ Solange Europa hier nicht nachbessert, bleibt Integration ein Ziel, das nur auf dem Papier Bestand hat.
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