Bern, 11.08.2021 – Die Freigabe des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten ist Teil der europapolitischen Agenda des Bundesrats mit Blick auf die Fortführung des bilateralen Wegs. An seiner Sitzung vom 11. August hat der Bundesrat eine entsprechende Botschaft verabschiedet, die vom Parlament so rasch wie möglich behandelt werden soll.
Der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten wurde am 3. Dezember 2019 mit zwei Bundesbeschlüssen (Rahmenkredite Kohäsion und Migration) vom Parlament genehmigt. Diese Genehmigung erfolgte allerdings unter der Bedingung, dass keine Verpflichtungen eingegangen werden, solange diskriminierende Massnahmen der EU gegen die Schweiz in Kraft sind. Dies hat die Umsetzung des Beitrags bisher blockiert.
Anlässlich seiner europapolitischen Entscheide vom 26. Mai 2021 befasste sich der Bundesrat auch mit dem zweiten Schweizer Beitrag. So hielt er in seinem Brief an die EU-Kommissionspräsidentin vom gleichen Tag fest, dass er sich für eine rasche Freigabe des zweiten Beitrags durch das Parlament einsetzen werde, und erteilte am 4. Juni 2021 den Auftrag zur Ausarbeitung einer entsprechenden Botschaft.
Heute hat der Bundesrat die Botschaft zur Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten verabschiedet. Damit beantragt er dem Parlament, die Bedingung aufzuheben, die das Parlament im Dezember 2019 beschlossen hatte, und den Beitrag freizugeben. Die Botschaft soll so rasch wie möglich von den eidgenössischen Räten behandelt werden.
Mit der raschen Umsetzung des Beitrags will der Bundesrat der Dynamik in den Beziehungen zur EU nach der Beendigung der Verhandlungen eines institutionellen Abkommens einen neuen Impuls geben. Er möchte damit einen Prozess anstossen, der mit Blick auf die Fortführung des bilateralen Wegs auch Fortschritte in weiteren Dossiers mit der EU ermöglichen soll. Schliesslich unterstreicht die Freigabe des Beitrags, dass die Schweiz eine zuverlässige Partnerin der EU bleibt. Gleichzeitig wird sich der Bundesrat weiterhin dafür einsetzen, dass die Schweiz von der EU nicht diskriminiert und im Rahmen von Äquivalenzverfahren nicht anders behandelt wird als andere Drittstaaten.
Eine rasche Freigabe des Beitrags ist auch deshalb wichtig, weil die Mittel des Rahmenkredits Kohäsion innerhalb von fünf Jahren, d.h. bis zum 3. Dezember 2024, verpflichtet werden müssen. Dies auch deshalb, weil die gesetzliche Grundlage für den Rahmenkredit bis Ende 2024 befristet ist (Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas). Die Erfahrungen beim ersten Beitrag der Schweiz, dem Erweiterungsbeitrag, haben gezeigt, dass für die Verpflichtungen mindestens drei Jahre benötigt wurden. Je später die Freigabe erfolgt, desto weniger Zeit bleibt für eine vollständige Verpflichtung. Die Umsetzung des Beitrags gemäss den vorgesehenen Eckwerten wäre dadurch wesentlich erschwert.
Für die effiziente Umsetzung des Schweizer Beitrags strebt der Bundesrat zudem den Abschluss eines (rechtlich nicht verbindlichen) Memorandum of Understanding zum zweiten Schweizer Beitrag mit der EU an. Dieses soll inhaltlich als Grundlage für den Abschluss der bilateralen Umsetzungsabkommen mit den Partnerstaaten dienen, in welchen u.a. die länderspezifischen Schwerpunkte für die Umsetzung des Beitrags vereinbart werden.
Der zweite Schweizer Beitrag soll mit Schweizer Expertise zur Verringerung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten sowie zur besseren Bewältigung der Migrationsbewegungen in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten beitragen. Der Rahmenkredit Kohäsion in der Höhe von 1047 Millionen Franken unterstützt die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in den 13 Ländern, welche der EU seit 2004 beigetreten sind (EU-13). Der Rahmenkredit Migration in der Höhe von 190 Millionen Franken ist vorgesehen für Massnahmen im Bereich Migration auch in EU-Ländern ausserhalb der EU-13. Zusammen mit dem Eigenaufwand der Bundesverwaltung von 65 Millionen Franken (5%) bilden die Rahmenkredite den zweiten Schweizer Beitrag im Umfang von 1302 Millionen Franken über 10 Jahre.
Wie beim Erweiterungsbeitrag fliesst der Beitrag in ausgewählte Projekte und Programme in den Partnerländern und wird nicht direkt in deren Haushalte oder an die EU überwiesen.
Medienmitteilung des Bundesrats vom 11. August 2021