„Follow the science“ – folge der Wissenschaft. Spätestens seit der Corona-Pandemie kennt diesen Ratschlag, nein, diese Aufforderung wohl fast jedes Kind. Sich auf die Wissenschaft zu stützen, ist keine schlechte Basis. Doch um das gewinnbringend tun zu können, muss man sich darauf verlassen können, dass Wissenschaftler sauber und sachlich arbeiten.

Ein Kommentar von Ursula Baumgartner

An wen soll man sich wenden mit wichtigen Fragen, woran sich orientieren in einer Krise? Natürlich an Fachleuten und deren Forschungsergebnissen. Doch was tun, wenn deren Wissenschaftlichkeit nicht frei ist von eigenen Interessen ist wenn etwas als Wissenschaft verkauft wird, was eigentlich keine ist?

Studienergebnisse werden zurückgehalten

Ein recht aktuelles Beispiel hierfür ist ein Bericht aus den USA vom Oktober 2024. Hier wurde eine mit Steuergeldern finanzierte Studie nicht veröffentlicht, weil sie im Bereich Transgender unerwünschte Ergebnisse hervorgebracht hatte. Die Studie fand heraus, dass Pubertätsblocker die psychische Gesundheit von jungen Patienten nicht verbessern. Dr. Johanna Olson-Kennedy, Ärztin und Trans-Aktivistin, die an der Studie beteiligt war, sieht den Grund dafür darin, dass die psychische Gesundheit der Studienteilnehmer bereits zu Beginn sehr gut gewesen sei.

Dies steht jedoch in direktem Widerspruch zur Beschreibung der Ausgangslage zu Beginn der Studie. Daraus geht klar hervor, dass knapp 30 Prozent der Studienteilnehmer Anzeichen für eine Depression zeigten, jeder Vierte war selbstmordgefährdet. Acht Prozent hatten bereits einen Suizidversuch unternommen.

Die Ausgangslage war nicht rosig

Dies sind tragische Zahlen. Doch für eine Studie, die erklärtermassen die „psychosozialen Charakteristika von Transgender-Jugendlichen“ untersuchen möchte, ist ein gewisser Anteil an Teilnehmern mit gravierenden psychischen Problemen unerlässlich. Wäre es tatsächlich so gut um das seelische Wohlbefinden der Patienten gestanden, wie Dr. Olson-Kennedy behauptet, wäre die Studie entweder von Anfang an hinfällig gewesen oder man hätte die Gruppe der Teilnehmer falsch zusammengesetzt.

So oder so wäre die Studie folglich wertlos und zehn Millionen Dollar wären verschwendet worden. Dass man sie jedoch begonnen und durchgeführt hat, zeigt deutlich, dass es um das psychische Wohl von Patienten mit Geschlechtsverunsicherung offenbar nicht zum Besten steht und man sich dessen in wissenschaftlichen Kreisen durchaus bewusst ist.

Wissenschaftliche Daten als „Waffe“?

Nun will Dr. Olson-Kennedy die Veröffentlichung der Studie verhindern. Als Grund führt sie an, sie fürchte, die missliebigen Ergebnisse könnten in Transgender-Debatten „als Waffe missbraucht werden“. Eine solche Grundhaltung ist jedoch an Unwissenschaftlichkeit schwer zu überbieten. Ja, mehr noch: Sie ist geradezu ein Schlag ins Gesicht für all die Menschen, die wegen ihrer Identitätsfragen mit schweren psychischen Problemen ringen und dringend Hilfe bräuchten.

Wie also soll man den Ratschlag „Follow the science“ umsetzen, wenn selbst Wissenschaftler dies nicht tun? Wenn das anvisierte Ergebnis von vornherein feststeht, wie kann dann noch ernsthafte Wissenschaft betrieben werden? Auf diese Weise degradiert man Wissenschaft zum Vehikel für jegliche Ideologie.

Die Situation in Europa

Der Fall in den USA ist nicht das einzige Beispiel für Unwissenschaftlichkeit unter dem Deckmantel der Wissenschaft. Einige europäische Länder haben inzwischen die Gefahren erkannt, die von Pubertätsblockern und gegengeschlechtlichen Hormonen ausgehen. Sie haben deren Einsatz stark eingeschränkt oder sogar verboten. Andere Länder weigern sich nach wie vor, wissenschaftliche Erkenntnisse in diesem Bereich anzuerkennen und entsprechend zu handeln (dazu zählt leider aktuell auch die Schweiz).

Schizophrenie in Deutschland

Eine besonders schizophrene Rolle spielt hierbei Deutschland. Im Mai 2024 forderte der Deutsche Ärztetag die Bundesregierung auf, Pubertätsblocker und Hormontherapien bei Jugendlichen nur noch im Rahmen klinischer Studien zuzulassen – unter Hinzuziehung „einer klinischen Ethikkommission“. Als Grund führen die Mediziner Befunde an, die belegen, derartige Behandlungen seien weder den zugrundeliegenden Problemen noch der psychischen Gesundheit zuträglich. Es handle sich im Gegenteil „um irreversible Eingriffe in den menschlichen Körper bei physiologisch primär gesunden Minderjährigen“, ja sogar um „eine Form experimenteller Medizin an Kindern“. Eine solche Behandlung dürfe „nicht nur vom Willen eines sich in der Entwicklung befindenden Kindes bzw. Jugendlichen abhängig“ sein.

Dessen ungeachtet trat im November 2024 das deutsche Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Es ermöglicht Jugendlichen ab 14 Jahren, per Selbstauskunft eine Änderung des Geschlechtseintrags und des eigenen Vornamens zu erwirken. In den meisten Fällen folgt einer solchen „sozialen Transition“ dann früher oder später die medizinische.

Mit diesem Gesetz, schwärmt Grünen-Politiker Sven Lehmann, würden alle Menschen nun „vom Staat so anerkannt (…), wie sie sind“. Das ganze Gegenteil ist jedoch der Fall: Trans-Menschen können sich selbst eben nicht so annehmen, „wie sie sind“. Durch dieses Gesetz können sie ihre tiefgreifenden Identitätsprobleme jetzt völlig ohne Vorbedingungen in eine rechtliche Form giessen. Somit verheddern sie sich immer mehr darin – und entfernen sich Schritt für Schritt weiter von dem, „wie sie sind“.

Lehmann ist – nebenbei bemerkt – „Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“. Warum, so fragt man sich gründet die Bundesregierung nicht gleich ein „Ministerium für Unwissenschaftlichkeit und Indoktrination“?.

Schweiz: Freie Fahrt für Ideologen

Auch durch die Schweiz rollt die Transgender-Welle weiterhin ungebremst. Jüngstes Beispiel ist der Trans-Leitfaden in Basler Schulen. Er fordert Lehrer dazu auf, Schüler, die sich als „trans“ bezeichnen, fraglos und unkritisch in ihrer selbstgewählten Identität zu bestärken. Kein wie auch immer geartetes Gutachten ist notwendig, niemand rät den Kindern, die schwierige und verunsichernde Phase der Pubertät doch erst einmal abzuwarten. Im Gegenteil: Eltern, die der Transition ihres Kindes nicht mit fliegenden Fahnen zustimmen, geraten in den Verdacht, das Kindeswohl zu gefährden.

All das lässt sich zusammenfassen mit „gender-affirming care“. Unter diese wohlig anmutende Wortdusche fallen laut WHO „soziale, psychologische und auch medizinische Massnahmen, um die Geschlechtsidentität einer Person zu unterstützen und zu bekräftigen, wenn diese mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht in Konflikt steht“.

Echtes „affirming care“ sieht anders aus

Dass weltweit seit Jahren zwischen „sex“ (biologisches, „bei der Geburt zugewiesenes“ Geschlecht) und „gender“ („gefühltes“ Geschlecht, Geschlechtsidentität) unterschieden wird, ist bereits problematisch genug. Dass mittlerweile im Zweifelsfall das „gefühlte“ Geschlecht davon als wichtiger erachtet wird, lässt jedem wissenschaftlich denkenden Menschen die Haare zu Berge stehen. Und dass man junge Menschen in einer Identität „bestärken“ soll, die keinerlei Entsprechung auf der körperlichen Ebene findet und auf nichts als der eigenen Einbildung basiert, ist der Gipfel der Unwissenschaftlichkeit.

Echte Wissenschaft, echte Sorge um das Wohl von verunsicherten Jugendlichen kommt zu ganz anderen Schlüssen. Dr. Alexander Korte, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, erklärt, die Behandlung gerade jüngerer Betroffener solle unbedingt „auf die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls zum Geburtsgeschlecht abzielen“. Nur ein kleiner Teil von Kindern mit Geschlechtsdysphorie entwickle später „das Vollbild einer Transsexualität“. Was für eine Tragödie ist es für all die anderen, wenn sie einen durch Hormone und Operationen verstümmelten Körper aus dieser Phase mitnehmen!

Was wird somit aus „Follow the science“? Die Devise ist nicht falsch, denn was wäre die Alternative? Doch solange zwischen der Wissenschaft und dem Menschen, der ihr folgen soll, Ideologen stehen, bleibt dieser Ratschlag mehr Wunschtraum als alles andere.

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