Ein Frauenpaar aus dem Kanton St. Gallen plant seine Hochzeit und hat dafür einen Fotografen aus der Region angefragt. Dieser lehnt jedoch ab, weil sein Unternehmen nur heterosexuelle Ehepaare portraitiert. Statt die Gewerbefreiheit zu respektieren und einen anderen Fotografen anzufragen, stilisieren die beiden Frauen die Sache mit Hilfe der Medien zum Skandal hoch.
Ein Kommentar von Regula Lehmann
Wer für seine Hochzeit einen professionellen Fotografen engagieren will, findet in der Schweiz ein breites Angebot. Zahlreiche Unternehmen bieten heiratswilligen Paaren ihre Dienste an und freuen sich über Aufträge. Und ja, auch für Fotografen gilt die Wirtschaftsfreiheit: Niemand muss einen Auftrag annehmen, wenn er dies nicht möchte. Dass sich die Boulevardblätter „Blick“ und „20 Minuten“ dafür hingeben, aus der Absage ein Drama zu machen, kann nur als einseitige und willkommene Propaganda interpretiert werden. Beträfe das Ganze ein heterosexuelles Ehepaar, würde vermutlich kein Hahn danach krähen.
Schlagzeilen, die auf die Tränendrüse drücken
Fakt ist, dass es einen freien Markt gibt und dass es gerade bei einem Bereich wie der Fotografie durchaus Sinn macht, nur Aufträge anzunehmen, die man mit Begeisterung ausführt – nicht zuletzt um des Paares willen, das an diesem Tag ja im besten Licht präsentiert werden will.
„Eigentlich sollte es ein Fest der Freude und der Liebe werden“, so der Beginn des Blick-Artikels. Suggeriert werden soll offensichtlich, wegen der Absage des Fotografen sei das Fest des Paares ernsthaft in Gefahr. Von Schock und weggeblasener Festfreude ist die Rede, obwohl die beiden Frauen – unter anderem in den sozialen Medien – innert kürzester Zeit zahlreiche Angebote anderer Fotografen erhielten.
Mehrheit stimmt für wirtschaftliche Freiheit
Während sich der Blick und 20 Minuten alle Mühe geben, den Fotografen an den Pranger zu stellen, wird ihnen von der eigenen Kundschaft klar widersprochen. 62 Prozent der Leser gaben auf 20 Minuten online der Aussage „Jeder soll selber entscheiden können, ob er einen Antrag annehmen möchte oder nicht“ ihre Stimme. Daumen hoch für wirtschaftliche Freiheit also, Daumen hoch für einen fairen Wettbewerb. Daumen hoch für die Fähigkeit, eine Absage einzustecken, ohne deswegen gleich nach dem Richter zu schreien.
Auch wenn der Opferstatus politisch oder medial noch immer einzuschüchtern vermag, zeigt sich in der Bevölkerung eine zunehmende Abwehrhaltung gegenüber woken Auswüchsen. Auch die Gerichte haben sich bisher in ähnlich gelagerten Fällen für die Wirtschaftsfreiheit oder für das Grundrecht der persönlichen Freiheit ausgesprochen. Jeder Fotograf soll selbst darüber entscheiden dürfen, welche Paare und Sujets er mit Begeisterung abknipst und welchen Auftrag er lieber einem Berufskollegen überlässt. Dem Fotounternehmen dürfte die mediale Aufmerksamkeit jedenfalls nicht schaden, sondern für zahlreiche neue Anfragen und Aufträge sorgen.