Demnächst soll der Strafprozess gegen den unabhängigen christlichen Prediger Eduard Charov wegen angeblicher Diskreditierung der russischen Streitkräfte und staatlicher Stellen vor einem Gericht im Ural beginnen.
Der 57-jährige, der eine Unterkunft für Obdachlose betreibt, darf derzeit seinen Heimatbezirk nicht verlassen und weder Telefon noch Internet benutzen. Er selbst und seine Frau erwarten, dass er zu einer Haftstrafe verurteilt wird.
Im Frühjahr 2023 wurde Charov zum ersten Mal nach dem Verwaltungsrecht wegen seiner Kommentare in den sozialen Medien bestraft. Er hatte u.a. in einer Mitteilung an Kirchenmitglieder angemerkt: „Wäre Jesus Christus in die Ukraine gegangen, um zu töten?“ Sein zweites als Diskreditierung gewertetes Posting, wegen dem er bald vor Gericht stehen soll, ist ein Zitat über Patriotismus, in dem weder die Armee noch die Regierung Russlands erwähnt werden: „Ein Patriot ist jemand, der sein Land besser machen möchte, die Menschen reicher und die Regierung ehrlicher und fairer. Nicht jemand, der äusserste Not und Korruption mit imaginärer Grösse und spirituellen Banden rechtfertigt.“
Verfahren gegen buddhistischen Leiter und gegen Pastor einer Pfingstkirche
Gegen zwei weitere Personen, die sich aus religiösen Gründen gegen den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgesprochen haben, sind Strafverfahren anhängig. In Moskau steht der 51-jährige buddhistische Leiter Ilya Vasilyev vor Gericht. Die Anklage lautet auf Verbreitung „wissentliche falscher Informationen über die russischen Streitkräfte aus Gründen des Hasses oder der Feindschaft“. Vasilyev ist seit 22. Juni 2024 in Haft. Ihm drohen fünf bis zehn Jahre Haft. Bei einem Gerichtstermin am 14. Februar 2025 wurde seine Untersuchungshaft verlängert.
Gegen Nikolay Romanyuk, Pastor einer Pfingstkirche, läuft ein Verfahren wegen seiner Äusserungen in einer Predigt im September 2022: „Christen sollten auf der Grundlage der Heiligen Schrift nicht in die Ukraine gehen, um zu kämpfen“. Da die Predigt im Livestream übertragen und danach auf dem YouTube-Kanal der Kirche hochgeladen wurde, wird gegen ihn wegen „öffentlichen Aufrufen zu Handlungen gegen die Sicherheit der russischen Föderation oder Behinderung von Regierungsstellen und Beamten bei der Ausübung ihrer Befugnisse zur Gewährleistung der Sicherheit der russischen Föderation“ ermittelt. Der 62-jährige Pastor wurde nach einer Razzia am 18. Oktober 2024, bei der er auch misshandelt wurde, festgenommen.
Hohe Geldstrafe für christlichen Sänger
Am 27. Januar 2025 wurde gegen den 44-jährigen christlichen Sänger und Songwriter Andrey Buyanov die höchste bisher bekannt gewordene Geldstrafe wegen religiös motivierter Kritik am Krieg gegen die Ukraine verhängt. Das Bezirksgericht für den Moskauer Bezirk Nagatino verhängte zehn separate Schuldsprüche wegen „öffentlicher Aktionen mit dem Ziel der Diskreditierung des Einsatzes der Streitkräfte der russischen Föderation“ für verschiedene Postings auf VKontakte zwischen Juni 2023 und März 2024, darunter Antikriegslieder und Gedichte, die Weiterleitung von Inhalten anderer Autoren und Kommentare über das Begräbnis des Oppositionspolitikers Aleksey Navalny. In diesem Zusammenhang schrieb Buyanov: „Ich bewundere die Menschen, die sich nicht fürchteten und zum Trauergottesdienst und zur Beerdigung kamen.“
Die mit dem Kommentar veröffentlichten Fotos wurden in einem der Schuldsprüche als „Darstellung einer Kirche, in deren Nähe sich Menschen versammelt haben, um einen Massenprotest gegen die Aktivitäten der russischen Föderation abzuhalten“ gewertet. Diese Inhalte wurden im Dezember 2024 im Zuge der Überwachung des Internets durch das Zentrum zur Bekämpfung des Extremismus des Innenministeriums gefunden und als extremistisch eingestuft.
Quelle: APD; Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA