Religiöse Verfolgung trifft Männer und Frauen unterschiedlich. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die im fünften Jahr in Folge von World Watch Research (WWR) durchgeführt wurde, einer Abteilung der NGO Open Doors, die verfolgte Christen unterstützt. Der nun erschienene Bericht 2022 zeigt die heimtückische, strategische und endemische Seite der unsichtbaren Verfolgung gegen christliche Frauen auf: ein Schreckensbild im Angesicht des Weltfrauentages am 8. März 2022.
Sexuelle Gewalt, Zwangsheirat und andere physische Gewalt sind die schlimmsten Unterdrückungs-Methoden, denen viele Christinnen oft unbemerkt ausgesetzt sind. Auch in diesem Jahr beleuchtet der Bericht zur geschlechtsspezifischen Verfolgung diese oft unsichtbare, aber verheerende Realität.
Männerspezifische und frauenspezifische Verfolgung
Die Verfolgung christlicher Männer zielt darauf ab, sie als finanzielle Versorger ihres sozialen Kreises auszuschalten, um die Verletzlichkeit ihrer Angehörigen zu verstärken. In allen untersuchten Regionen besteht die Verfolgung gegen Männer unter insbesondere durch die Gefahr von Entführungen, Inhaftierungen, körperlicher Gewalt und der Rekrutierung für Milizen oder militärische Gruppen. Männer sind auch eher als Frauen gefährdet, wegen ihres Glaubens getötet zu werden.
Die Verfolgung christlicher Frauen und Mädchen nimmt verstecktere Formen an und zielt darauf ab, sie zu Sexualobjekten zu degradieren und „Schande‟ über sie zu bringen. So werden sie Opfer von sexueller Gewalt, Zwangsheirat und Menschenhandel. Sie werden allgemein als minderwertig angesehen, ihre Zeugungsfähigkeit und sexuelle Reinheit sind das Ziel. Darüber hinaus laufen sie Gefahr, als Ehefrauen verkauft zu werden, v.a. in asiatischen Ländern, oder von extremistischen Gruppen in Afrika sexuell versklavt zu werden, die sie als Kriegstrophäen betrachten, die zukünftige Kämpfer zur Welt bringen können.
Die Gewalt in Zahlen
Dies sind die fünf wichtigsten Punkte, die Frauen betreffen und die aus den ersten 50 Ländern des Weltverfolgungsindex 2022 gemeldet wurden:
- Sexuelle Gewalt: Aus 90 Prozent der Länder gemeldet (gegenüber 86 Prozent aus dem Vorjahres-Bericht)
- Zwangsheirat (88 % gegenüber 90% im Vorjahr)
- Physische Gewalt (78 % gegenüber 84% im Vorjahr)
- Psychische Gewalt (78 % gegenüber 74% im Vorjahr)
- Hausarrest (66 % gegenüber 70% im Vorjahr)
Generell werden Frauen in Subsahara-Afrika (Punktzahl 10,8) und im Nahen Osten/Nordafrika (10,6 Punkte) am stärksten unter Druck gesetzt, während Männer in Lateinamerika mit 10,1 die höchste durchschnittliche Punktzahl an Druck erfahren.
Verstärkt durch Konflikte, Verbrechen und Krisen, hat sich die spezifische Verfolgung im Zusammenhang mit dem beispielsweise während der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan oder der Covid-19-Pandemie verschärft. Die allgegenwärtige Macht und Kontrolle von Drogenkartellen und kriminellen Banden, die mit Drogen handeln, schafft in manchen Regionen einen Sog für die Entfaltung der religiösen Verfolgung gegen Christen durch geschlechtsspezifische Gewalt, einschliesslich physischer und psychischer Manipulation.
Verfolgung am Beispiel von Sarah
Der Lebensweg von Sarah (Name geändert), Tochter eines Imams in Nordafrika, veranschaulicht, wie sich die Verfolgung auf Christinnen in allen Bereichen ihres Lebens auswirkt. Für sie begann alles an dem Tag, als ihr Vater, der die Familie mit eiserner Hand führt, die unter ihrem Bett versteckte Bibel entdeckte. Er schlug Sarah und schrie: „Du verdienst den Tod!‟ Ihre Familie setzte sie auf die Strasse und verbreitete ein falsches, demütigendes Gerücht über sie: Sarah habe das Elternhaus verlassen, um mit einem Mann ausserehelich zu leben. In ihrem Kontext werden solche Praktiken als normales und angemessenes Mittel angesehen, um ein Mädchen zu kontrollieren, das ihr Recht auf Religionsfreiheit in Anspruch nimmt.
Dann überzeugt Sarahs Familie sie davon, dass eine arrangierte Ehe den Klatsch zum Schweigen bringen und eine Versöhnung in der Familie ermöglichen würde. «„er Mann, den du heiratest, wird dich von all deinen Sünden reinigen und wir können wieder zusammenkommen.‟ Die Zwangsheirat endet in einer Katastrophe. Sarah wird in ihrem neuen Zuhause eingesperrt gehalten und sexuell missbraucht, bis ihr Mann sie ebenfalls vor die Tür setzt. Für Sarah eine verheerende Situation, in einer Gesellschaft, in der nicht akzeptiert wird, allein zu leben, selbst wenn sie die Mittel dazu hat.
Quelle: Medienmitteilung Open Doors vom 7. März 2022