Mit 119 zu 53 Stimmen hat der Nationalrat am 15. Juni 2022 eine Parlamentarische Initiative von SP Nationalrat Fabian Molina abgewiesen. Diese verlangte, dass der Satz „Im Namen Gottes des Allmächtigen!“ aus der Präambel der Bundesverfassung gestrichen wird. Eine Mehrheit lehnte dies jedoch klar ab und stimmte gegen die Streichung Gottes aus der Verfassung.
„Aus der Zeit gefallen“ soll die Anrufung Gottes in der Schweizer Verfassung für manche klingen, behauptete SP-Politiker Fabian Molina und führte in seinem Votum aus, die Gottesanrufung sei der Schweizer Verfassung erst im Jahr 1815 hinzugefügt worden. Seinen Antrag, Gott aus der Bundesverfassung zu streichen, begründet Molina damit, dass sich alle Menschen in diesem Land in der Präambel wiederfinden sollen und nicht nur die Christen, deren Zahl heute in der Schweiz 60 Prozent betrage. Neben der Schweiz hätten nur Deutschland, Griechenland, Irland und Polen den Gottesbegriff in der Verfassung verankert., so der SP-Nationalrat. Die Mehrheit des Nationalrats teilte Molinas Meinung jedoch nicht.
Die vorberatende Kommission misst der Formulierung der Präambel der Verfassung insbesondere auf symbolischer Ebene grosse Bedeutung zu und hält fest, dass die Gottesanrufung in der schweizerischen Verfassungsgeschichte eine lange Tradition aufweist. An diesem Traditionsanschluss wollte der Verfassungsgeber auch Ende der 1990er-Jahre anlässlich der Totalrevision der Bundesverfassung festhalten. EVP-Nationalrätin Marianne Streiff plädierte in ihrem Votum für die Beibehaltung der Anrufung Gottes und begründete dies u.a. folgendermassen: ‚In nomine Domini‘, ‚in Gottes Namen‘ und ‚im Namen Gottes des Allmächtigen‘ begleiten uns bereits seit 1291. Damit wollten unsere Vorfahren, damit wollen auch wir zum Ausdruck bringen, dass kein König und keine Parteien die höchste Macht in der Schweiz innehaben. Indem wir uns auf etwas Übergeordnetes berufen, anerkennen wir, dass wir letztlich nicht alles selbst in den Händen haben. Dies hat mit Demut zu tun. Wir wollen damit zur Bescheidenheit aufrufen.“
Dass sich zwei Drittel des Nationalrats für eine Ablehnung der „Motion Molina‟ aussprachen, setzt ein Zeichen. Das klare Ja des Nationalrats zur Gottesanrufung in der Präambel lädt dazu ein, sich nicht allein auf den „Menschen, den Ohnmächtigen“ – wie Nationalrat und Pfarrer Ernst Sieber es einmal formulierte – zu verlassen. „Es wird regiert“, brachte der grosse österreichische Theologe Martin Buber die christliche Hoffnung auf den Punkt, dass diese Welt nicht dem Zufall ausgeliefert ist. Wir können und müssen als begrenzte Menschen nicht alles alleine „richten“ – Gott, dem Allmächtigen sei Dank!