Der höchste Gericht Grossbritanniens entscheidet zugunsten einer jungen Frau, die sich als Minderjährige zu einer „Geschlechtsumwandlung“ entschieden hatte und dies heute bereut. Durch die ihr verschriebenen gegengeschlechtlichen Hormone und Pubertätsblocker sei ihr Schaden zugefügt worden, erklärt die unterdessen 23jährige Keira Bell.
Geschlechtswechsel verzeichnen in vielen westlichen Ländern eine massive Zunahme. Treiber dieses Trends sind unter anderem die digitalen Medien. „Die Anwältin von Keira Bell warnt vor der Internet-Berichterstattung über Transgender-Probleme“, schrieb die englische Tageszeitung „The Guardian“ am 6. Dezember in ihrer Berichterstattung zum vorliegenden Präzedenz-Urteil des High Court. Die moderne Gesellschaft habe sich, angetrieben durch ideologisch gesteuerte Interessengruppen, die Beseitigung jedweder Diskriminierung auf die Fahne geschrieben. Was jedoch, wenn die propagierte Nicht-Diskriminierung der einen zur Benachteiligung oder Schädigung anderer führten? Nach eingehender Prüfung beschlossen die Richter des britischen High Court, dass Kindern unter 16 Jahren die Reife fehle, eine sachkundige Einwilligungserklärung zu den experimentellen Therapien zu geben, die ihren Körper verändern. Keira Bell hatte zusammen mit einer anderen Frau die Klage gegen die Tavistock-Klinik eingereicht, welche als einzige Klinik des nationalen Gesundheitsdienstes NHS geschlechtsumwandelnde Therapien zur Behandlung von „Genderidentitäts“-Störungen einsetzt. Die zweite Klägerin ist Mutter eines 15-jährigen autistischen Kindes, das in die Warteliste der Klinik aufgenommen wurde.
Im Prozess erklärte Bell, die Medikamente zur Geschlechtsumwandlung hätten ihren Körper irreparabel geschädigt und sie vermutlich unfruchtbar gemacht. Obwohl sie sich dazu selbst entschlossen hatte, sagt Bell im Rahmen ihrer Zeugenaussage, sie hätte diese Entscheidung als Teenager getroffen und die Risiken oder langfristigen Folgen gar nicht bedacht. Ihre Anwälte argumentierten im Oktober, „dass kein Kind in der Pubertät eine entsprechende sachgerechte Einwilligungserklärung geben“ könne. Dem stimmten die Richter in ihrem Urteil zu: „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein 13-jähriges oder noch jüngeres Kind fähig wäre, der Verabreichung von Pubertätsblockern zuzustimmen“. Zudem sei es „zweifelhaft, dass ein 14- oder 15-jähriges Kind die langfristigen Risiken und Konsequenzen der Gabe von Pubertätsblockern verstehen und einschätzen“ könne.
Paul Conrathe, Bells Anwalt, begrüsst den Beschluss als „historisches Urteil, das Kinder schützt“. Laut seiner Erklärung habe das Gericht festgestellt, dass Pubertätsblocker eine experimentelle Behandlung mit einer sehr begrenzten Evidenzbasis für ihre Wirksamkeit seien. Es sei unklar, ob sie überhaupt einen Nutzen böten. Umfassendere Fragen müssen laut Conrathe auch zur Rolle des Internets gestellt werden: „Wenn Sie die Geschichte von Keira Bell lesen, sagt sie an verschiedenen Stellen: ‚Ich hatte meine Zweifel, aber ich habe durch das Internet Mut gewonnen.ʻ Ich denke, es ist notwendig, Leitlinien zum Schutz von Kindern vor Informationen zu erstellen, die sie zu einem experimentellen medizinischen Weg ermutigen.“
Conrathe ist überzeugt, dass das Urteil die Tür für Schadensersatzansprüche von Menschen öffnen würde, die ihren Geschlechtswechsel unterdessen bedauerten. Das Gericht habe zugestimmt, dass Blocker Teil eines Behandlungsweges zu geschlechtsübergreifenden Hormonen sind, die lebenslange, irreversibles Konsequenzen haben. Das Tavistock-Center hat aufgrund des Urteils die Überweisung zur Hormontherapie für alle unter 16-Jährigen ausgesetzt. Nach der gerichtlichen Entscheidung äusserte sich Bell: „Dieses Urteil ist kein politisches, es geht darum, verletzbare Kinder zu schützen. Ich freue mich, dass sich der gesunde Menschenverstand durchgesetzt hat“.
Quellen: Die Tagespost, The Guardian