„Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; (…).“ Dieser 19. Artikel der UN-Menschrechtsdeklaration scheint für den Brüsseler Bürgermeister Freddy Thielemann nur bedingt Gültigkeit zu besitzen: Am 9. August 2007 verbot er in einer Pressemitteilung eine „Demonstration gegen die schleichende Islamisierung Europas“. Diese war für den 11. September 2007 in Brüssel angesetzt und wurde von verschiedenen europäischen Bürgerinitiativen und Vereinen organisiert. Laut dem Verein Pax Europa e.V. wurde bei dieser Veranstaltung mit einer Zahl von 20 000 Teilnehmern gerechnet.
In einem Gespräch mit der belgischen Zeitung „De Standaard“ am 20.08.2007 begründete Thielemann sein Verbot mit dem Hinweis, die öffentliche Sicherheit nicht gewährleisten zu können, da gewalttätige Gegendemonstrationen von muslimischer Seite provoziert werden könnten. Des Weiteren fördere die Demonstration „die Anstiftung zu Diskriminierung und Hass, welche wir generell als Rassismus und Ausländerhass bezeichnen (…)“.
Die Bürgerrechtsbewegung Pax Europa e.V. hat gegen diesen Entscheid inzwischen Einspruch beim belgischen Obergericht eingereicht, welcher angenommen wurde. Die mündliche Verhandlung und voraussichtlich auch das Urteil werden in der Woche Ende August erwartet.
Dagegen genehmigte Thielemann die Demonstration einer linken Gruppierung mit dem Namen „Vereinigt für die Wahrheit“. Diese Veranstaltung läuft unter dem Motto „George Bush und seine Beteiligung an den Anschlägen auf das Pentagon und New York am 11. September 2001“ und findet am 9. September in Brüssel statt. Die Demonstranten, zu denen sich auch tausende Muslime gesellen werden, gehören zu den sogenannten „Verschwörungstheoretikern“. Sie bezichtigen die USA, die Anschläge vom 11. September 2001 selbst inszeniert zu haben, um ihren „Krieg gegen den Terror“ zu legitimieren. Diese Theorien, oft mit latentem Antisemitismus infiziert, stossen vor allem in der islamischen Welt auf offene Ohren.
Die Interpretation des „Rechts auf Meinungsfreiheit“ durch den Brüsseler Bürgermeister gibt zu Besorgnis Anlass: Wie kann es sein, dass eine friedliche Demonstration, welche Meinungsfreiheit fordert und selber ein praktischer Ausdruck dieser ist, verboten wird? Die Begründung des Bürgermeisters, die öffentliche Sicherheit sei gefährdet, da es zu Ausschreitungen mit gewaltbereiten Moslems kommen könnte, ist nämlich nicht haltbar: So hatten die Behörden wie auch die Polizei bereits ihre Zustimmung für die Durchführung der Demonstration gegeben.
Der wahre Grund dürfte wohl eher in einem Fall von vorauseilendem Gehorsam liegen, um die muslimischen Bürger Brüssels, die immerhin 17 % der Einwohner ausmachen, nicht zu verärgern. Somit kapituliert die Meinungsfreiheit vor der Gewalt – ein Umstand, auf den die Demonstranten gerade aufmerksam machen wollten. Dass im Gegenzug eine Demonstration erlaubt wird, welche offensichtlich den Nährboden antisemitischer wie antiwestlicher Ideologien bildet, unterstreicht die einseitige Entscheidung des Bürgermeisters und wirft ein trauriges Licht auf die Hauptstadt Europas.