Vielen Schweizern bedeutet der Nationalfeiertag wenig. Während an zahlreichen Balkonen die Regenbogenfahne flattert, sucht man die vielerorts vergeblich nach dem weissen Kreuz auf rotem Grund. Zu denken gibt das nicht nur Schweizer Patrioten, sondern auch meiner in Sibirien aufgewachsenen Bekannten.

Ein Kommentar von Regula Lehmann

„Stell dir vor, Regula, mein früherer Arbeitgeber hängte am 1. August jeweils keine einzige Schweizerfahne auf. Und dies, obwohl er nicht nur vermögend, sondern auch noch Politiker ist…“ Meine Bekannte, die ihren Lebensunterhalt mit Reinigungsarbeiten bei Schweizer Privatpersonen verdient, kann nicht begreifen, dass viele Schweizer (Politiker) so wenig Nationalstolz zeigen. „Sogar ich hänge am 1. August eine Girlande mit Fähnchen auf“, erklärt sie, „obwohl ich ja gar keine Schweizerin bin.“ Natascha schätzt sich glücklich, in der Schweiz leben und arbeiten zu dürfen. In einem Land, in dem „die Polizei gut funktioniert“, wie sie in einer Whats-App-Nachricht an mich betont. Für Menschen wie Natascha ist dies – anders als für uns Schweizer – keine Selbstverständlichkeit. Es gibt viel Grund, sich den Nationalstolz nicht durch diejenigen vermiesen zu lassen, die überall Nationalismus wittern. Nein, die Schweiz plant nicht, eine Diktatur zu errichten und die Weltherrschaft zu übernehmen. Und nein, der Schweizerpsalm schadet weder dem Klima noch verstösst er gegen das Tierwohl. Es könnte durchaus angesagt sein, am 1. August und darüber hinaus statt ideologischer Propagandabanner wieder einmal die Schweizerfahne wehen zu lassen. Und sich auf die Werte zurückzubesinnen, für die das Schweizerkreuz steht.

Nicht unter fremden Bannern stehen

Das EDA schreibt zur Schweizerfahne: „Seit dem 14. Jahrhundert ist das weisse Kreuz auf rotem Grund ein Feldzeichen von Schweizer Soldaten. Mit der Gründung des Bundesstaats 1848 wurde das weisse Kreuz im roten Quadrat zur offiziellen Nationalflagge der Schweiz. Ihre quadratische Form macht sie zu einer Ausnahme unter den Flaggen.“ Laut EDA geht der Ursprung der roten Flagge mit dem weissen Kreuz auf die Schlacht bei Laupen im Jahr 1339 zurück. Um sich von den anderen Akteuren zu unterscheiden, nähten sich die Schweizer Soldaten ein weisses Kreuz auf ihr Kettenhemd. Die von Napoleon Bonaparte verordnete Fahne der Helvetischen Republik (1798–1803), eine Trikolore in den Farben grün, rot und gelb, wurde gleich nach der Abschaffung der Helvetischen Republik wieder aufgegeben. Die Eidgenossen wollten nicht weiter ein fremdes Wappen tragen, sondern strebten nach Eigenständigkeit.

Heimat kultivieren

Mehr Eigenständigkeit könnte dem Schweizer Volk auch heute nicht schaden. Die eigene Fahne hissen, statt fremde Banner unkritisch zu übernehmen. Die eigene Sprache wertschätzen und kultivieren, statt zu tolerieren, dass unsere Kinder nur noch „Ej, gömmer Kino, Mann“ sagen. Sich in gesundem Mass auf das Eigene zu besinnen, schafft Heimat.
Seit frühesten Zeiten steckten Menschen Territorien ab und kauften Land, um sich darin niederzulassen. „Wer nach allen Seiten offen ist, kann doch nicht ganz dicht sein.“ schrieb der bekannte Journalist Peter Hahne am 3. November 2022 in einem Gastbeitrag auf kath.net. Sich zu beheimaten heisst nicht, andere abzuwerten. Wer beheimatet ist, kann sowohl fremde Territorien besuchen als auch Gastfreundschaft pflegen. Der beheimatete Mensch ist frei, seine Zelte weiter zu spannen, um Schutz zu gewähren und Freundschaft zu leben. So wie der Menschenfreundliche, Liebende es tut, den das Schweizervolk im Schweizerpsalm besingt. Etwas mehr „Gott im hehren Vaterland“ könnte einer der Auswege aus der Krise sein, in der die Schweiz steckt. Auf einen eigenständigen und „beheimateten“ 1. August!

 

Unter dem Titel „Zukunft ist Herkunft – Wie wir aus der Krise kommen“ organisiert Zukunft CH am 30. September 2023 einen Vortrag mit dem Bestsellerautor und Fernsehmoderator Peter Hahne. Melden Sie sich hier zum Vortrag an.