Pornografie ist omnipräsent. Immer mehr und immer jüngere Kinder kommen, oft unfreiwillig, mit pornografischen Inhalten in Kontakt. Was können Eltern tun und was müssen Kinder wissen, um sich wirksam zu schützen?
Von Regula Lehmann
Noch immer wird Pornografie von manchen Erwachsenen schöngeredet. Noch immer wird gesagt, man müsse Kinder nur früh genug informieren, damit sie die Bilder richtig einordnen könnten. Was aus meiner Sicht jedoch irreführend und kindsgefährdend ist. Pornografische Bilder sind so zerstörerisch und haben ein derart hohes Suchtpotenzial, dass Kinderseelen dadurch ein immenser Schaden zugefügt wird. Je weniger pornografische Bilder ein Kind sieht, desto besser. Doch wie soll das gehen?
Angst, Schock und Ekel als potentielle Verstärker
Pornografische Inhalte sind für Kinder derart verstörend, dass wir sie nicht mit zu expliziten Informationen dazu belasten sollten. Das Argument, der durch Schilderungen oder Bilder hervorgerufene Ekel würde Kinder davon abhalten, sich Pornos anzuschauen, greift nicht. Der renommierte Sexualwissenschaftler Jakob Pastötter schreibt dazu: „Tatsächlich beruht die erregende Wirkung von Pornografie unter anderem sogar darauf, dass Schock und Ekel als emotionale Verstärker wirken. Zudem berührt Sexualität weit mehr das Innerste, weil sie, zusätzlich zur Lust, einen Trosteffekt bewirkt. Gerade Kinder und Jugendliche könnten sich daran gewöhnen, in belastenden, unangenehmen emotionalen Situationen auf Pornografie als Wohlfühlritual zurückzugreifen, das schnell sogenannte Glückshormone im Körper freizusetzen hilft.“ (Zitat aus „Powergirls und starke Kerle“)
Über «Innenweltverschmutzung» informieren
„Mehr als alles andere behüte dein Herz“ riet Salomo bereits dreitausend Jahre vor Anbruch des digitalen Zeitalters. Was wir uns anschauen oder anhören, prägt uns. Wer Müll anfasst, muss sich nicht wundern, dass seine Hände danach riechen. Kinder können früh lernen, sich für das zu entscheiden, was in ihrem Herzen Frieden, Liebe und Lebensfreude bewirkt. Etwas älteren Kindern erklären wir, dass ihr Inneres wie eine Computerfestplatte ist, auf der Daten abgespeichert werden. Und dass zerstörerische Daten, ähnlich wie ein Virus, nicht einfach mit einem Klick wieder gelöscht werden können. So wie wir aufpassen, dass wir keine Malware im System haben, achten wir auch darauf, unser Inneres möglichst clean zu halten.
Kindgerecht über Pornografie informieren
Kinder ab Schulalter sollten wissen, dass es Bilder und Filme gibt, die einfach nur zerstörerisch sind und gegen die Würde von Menschen verstossen. Und dass wir solche Bilder, Zeitschriften oder Filme weder anschauen noch ihre Produktion unterstützen wollen. Kindern ab ca. neun oder zehn Jahren können wir erklären, dass es in pornografischen Filmen nicht um Liebe oder Beziehung geht, sondern nur darum, dass die Produzenten mit unrealistischen Sex-Szenen viel Geld verdienen wollen. Dass in vielen dieser Filme Menschen wie Sklaven gedemütigt und misshandelt werden und viele DarstellerInnen in Wirklichkeit ihren Job nur machen können, wenn sie ihren inneren Schmerz mit Drogen und Alkohol betäuben. Teenager weisen wir darauf hin, dass das, was in Pornos gezeigt wird, so unrealistisch und beziehungslos ist, dass es dem Aufbau einer respektvollen Partnerschaft und einer von Liebe geprägten Intimität schadet. Dass die starken Reize, die Pornos im Gehirn auslösen, bei vielen zum Abrutschen in eine Sucht führen, die Liebesbeziehungen zerstört und körperlich sowie seelisch impotent macht.
In all dem ist es selbstverständlich entscheidend, dass unsere Kinder erleben, dass wir Eltern selber konsequent leben, was wir sagen.
Einfach mal anklicken?
Viele Kinder stossen via Smartphone auf Pornografie. Oft schicken ältere Kinder den Jüngeren über WhatsApp Nachrichten mit pornografischen Inhalten zu. In welchem Alter wir unseren Kindern ein Smartphone in die Hand drücken, sollte deshalb gut überlegt sein und auch, welche Funktionen ein Kind überhaupt schon zur Verfügung haben soll. Kinder und Teenager mit dem Gerät sich selbst zu überlassen, ist fahrlässig. Wichtig ist auch, dass Kinder darauf sensibilisiert werden, dubiose Nachrichten gar nicht erst anzuklicken und klar Nein zu sagen oder sich zu entfernen, wenn sie merken, dass andere ihnen solche Inhalte zeigen wollen.
Wenn wir unserem Kind oder Teenager durch offene, unaufgeregte Gespräche zeigen, dass wir uns der „Herausforderung Pornografie“ bewusst sind, erleichtern wir es ihm, sich uns anzuvertrauen oder uns um Hilfe zu bitten. Unser Kind soll wissen, dass es uns alles erzählen darf, ohne Angst haben zu müssen, von uns beschämt zu werden. Und es soll spüren, dass hinter unserem Nein zur Pornografie ein Ja zu wertschätzender Paarsexualität und langfristig erfüllender sexueller Intimität steht.