Am 4. April 2025 musste sich die klinische Wissenschaftlerin Dr. Livia Tossici-Bolt vor Gericht verteidigen, weil sie in einer sogenannten „Zensurzone“ vor einer Abtreibungsklinik in Bournemouth/Grossbritannien stand. Sie hielt ein Schild mit der Aufschrift: „Ich bin da, wenn du reden möchtest“. Für dieses friedliche Gesprächsangebot wurde sie angeklagt, vor Gericht gestellt – und schliesslich schuldig gesprochen.

Tossici-Bolt ist kein Einzelfall in Grossbritannien. Das Urteil gegen sie ist Teil eines beunruhigenden Trends (Zukunft CH berichtete).

Ein offenes Ohr für Menschen

Wie Tossici-Bolt erzählt, hatte sie unzählige positive Begegnungen mit verschiedenen Gruppen von Menschen. Darunter waren auch Studenten, die mit ihr über ihr Studium sprachen, und Eltern, die über ihre Kinder erzählten.

Jedes Leben ist für sie wichtig. Sie ist bereit, mit jedem zu sprechen, der sich in einer schwierigen Situation befindet, auch mit denen, die vor einer Abtreibung stehen. Und genau das tat sie kund mit dem Schild „Ich bin da, wenn du reden möchtest“. Auch ist es für sie selbstverständlich, dass man niemals einschüchtern, belästigen oder verurteilen darf. Aber es steht uns allen frei, ein offenes Ohr anzubieten, so Tossici-Bolt.

Verurteilt und hohe Strafverfolgungskosten

Was dann folgte, ist kaum verständlich. In einer schockierenden Demonstration staatlicher Selbstüberschätzung haben Beamte des Stadtrats von Bournemouth Tossici-Bolt einen Bussgeldbescheid ausgestellt und sie beschuldigt, gegen die Regelungen einer sogenannten „Zensurzone“ vor einer Abtreibungsklinik verstossen zu haben.

Die im Englischen als „buffer zones“ (Pufferzonen) bezeichneten Bereiche, sind – wie hier im Fall – de facto Zensurzonen, da sie bestimmte Meinungsäusserungen unterdrücken. Örtliche Verwaltungen oder sogar der Gesetzgeber verbieten dort spezifische Meinungen, Handlungen oder Versammlungen.

Da Tossici-Bolt von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt war, weigerte sie sich, das Bussgeld zu zahlen. Sie begründete dies damit, dass sie nicht gegen die Bestimmungen der Verordnung zum Schutz des öffentlichen Raums verstossen habe und nach Artikel 10 des „Human Rights Act“ das Recht habe, einvernehmliche Gespräche zu führen.

Doch das Gericht sah dies anders und verurteilte Tossici-Bolt. Zudem muss sie auch die Strafverfolgungskosten in Höhe von 20’000 Pfund tragen.

Aushöhlung der Meinungsfreiheit

Dieses Urteil stellt einen schweren Verstoss gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäusserung dar. Niemand sollte dafür kriminalisiert werden, dass er anderen Menschen auf öffentlicher Strasse ein freiwilliges Gesprächsangebot macht.

Welche Freiheiten haben wir, wenn friedliche Unterhaltungen verboten sind? Heute haben es die Behörden auf Gespräche und sogar stille Gebete abgesehen, die angeblich mit Abtreibung zu tun haben. Morgen könnte es jedes andere Thema sein, das dem Zeitgeist und bestimmten Ideologien widerspricht. Diesen totalitären Tendenzen ist mit aller Kraft entgegenzutreten. Denn ein solches staatliches Vorgehen widerspricht zutiefst dem Fundament freiheitlich-demokratischer Staaten.

Auch in Deutschland

Vergleichbare Zensurzonen rund um Abtreibungseinrichtungen existieren auch in Deutschland. Seit November 2024 sind Gesetzesänderungen in Kraft, die „bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen“ im Umkreis von 100 Metern um Abtreibungsberatungsstellen und -kliniken als Ordnungswidrigkeit einstufen.

Die Änderungen sind so vage formuliert, dass auch friedliche Versammlungen und Gebetsmahnwachen darunterfallen können. Verstösse können mit Bussgeldern von bis zu 5000 Euro geahndet werden.