Am 21. Juni 2023 endet die Sammelfrist für zwei Initiativen, die ungeborene Kinder vor gesellschaftlicher Willkür schützen sollen. Noch werden Unterschriften gesammelt, denn das Ziel ist noch nicht erreicht.
Von Regula Lehmann und Beatrice Gall
Ein Komitee aus verschiedenen politischen Vertretern lancierte am 21. Dezember 2021 zwei Volksinitiativen für einen wirksameren Lebensschutz. Wie auf der Komitee-Webseite zu lesen ist, will die erste Initiative vor jeder Abtreibung einen Tag Bedenkzeit einführen. Die zweite Initiative richtet sich gegen die schockierende Praxis der Spätabtreibungen. Obwohl die Anliegen der Initiativen moderat sind, lösten sie bei vielen Abtreibungslobbyisten und in verschiedenen Medien einen Aufschrei aus. Durch Vergleiche mit Entwicklungen in der USA wurde der Eindruck erweckt, bei einer Annahme der Initiativen würde Abtreibung in der Schweiz generell verboten. Davon ist in beiden Initiativen jedoch nicht die Rede.
Schlaf nochmal darüber!
Die „Einmal-darüber-schlafen-Initiative“ fordert eine 24-stündige Bedenkzeit vor einer Abtreibung. Bei jedem wichtigen Entscheid im Leben macht es Sinn, einmal darüber zu schlafen. Wieviel mehr trifft dies bei einer Entscheidung über Leben und Tod des eigenen Kindes zu. Eine staatlich verordnete Bedenkzeit von einem Tag schützt Frauen davor, unter Druck oder im Affekt eine Entscheidung zu fällen, die sie später bereuen. So kann die Frau den Leitfaden zu Hilfsstellen, den der Arzt ihr beim Beratungsgespräch aushändigen muss, auch nutzen, bei diesen Rat einholen und eventuell um Hilfe bitten. Bereits 18 Länder Europas kennen eine solche Bedenkzeit, die oft sogar deutlich länger als die in der Schweiz geforderten 24 Stunden ist: In Deutschland sind es mindestens drei, in Italien sieben Nächte, in der Frauen ihren Entscheid nochmals überschlafen und überdenken können. Würde in der Schweiz eine Nacht Bedenkzeit eingeführt, könnten schätzungsweise 10 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche, also mehr als 1000 Abtreibungen, vermieden werden.
Lebensfähige Babys leben lassen
Fortschritte in der Neonatologie ermöglichen es, dass Frühgeburten bereits ab der 22. Schwangerschaftswoche gerettet werden können und gesund überleben, sofern sie angemessene intensivmedizinische Pflege erhalten. Doch während einerseits Eltern und Ärzte um das Überleben vieler Frühchen kämpfen und die Kinder dank dieser medizinischen Fortschritte auch gesund zur Welt kommen, werden zugleich Kinder in genau diesen späteren Schwangerschaftswochen und sogar bis kurz vor der Geburt in der Schweiz abgetrieben – zum Beispiel, wenn Eltern ihr Kind aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung nicht wollen. Eine solche Situation stellt nicht nur für Familienmitglieder, sondern auch für das Spitalpersonal eine massive, psychische Belastung dar.
Die Initiative „Lebensfähige Babys retten“ setzt dieser erbarmungslosen Praxis der Spätabtreibungen klare Grenzen. Ungeborenen Mädchen und Jungen soll zum Zeitpunkt, in dem sie ausserhalb des Mutterleibes überleben und atmen könnten, dasselbe absolute Recht auf Leben zugestanden werden, wie es Frühgeborene haben. Eine Spätabtreibung wäre nur noch möglich, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Rund 100 Babys pro Jahr könnten so gerettet werden.
Lebensrecht soll wieder breit diskutiert werden
In den vergangenen Jahren wurden bereits mehrere politische Vorstösse zum Thema Abtreibung eingereicht, z.B. von den SVP-Nationalräten Erich von Siebenthal und Yvette Estermann. Beide Politiker sind auch in mindestens einer der beiden aktuellen Initiativen im Komitee vertreten. Sie erhoffen sich – wie viele andere –, dass die Initiativen dem Thema Lebensrecht wieder zu einer breiteren Diskussion verhelfen. Die Möglichkeit, diese Anliegen mittels Volksinitiativen zu vertreten, ist auf jeden Fall eine Chance dafür. Bleibt zu hoffen, dass die kurze Zeit, die bis zum Sammelschluss bleibt, noch entsprechend genutzt wird.
Infos zu den Initiativen: www.einmal-darueber-schlafen-initiative.ch, www.lebensfaehige-babys-retten-initiative.ch
Zukunft CH engagiert sich als Trägerorganisation des jährlich stattfindenden „Marsch fürs Läbe“ seit vielen Jahren für den Lebensschutz. Infos zum diesjährigen Marsch: Marsch fürs Läbe 16. September in Zürich